Kleine Schraubenkunde?
Festigkeitsklassen und was es sonst noch zu beachten gibt.
Schraubverbindungen. So simpel und selbstverständlich das sie gern vernachlässigt werden. Zylinderkopf, Sechskant, Linsenkopf, Senkkopf, Schlitz, Kreuzschlitz, Inbus und eine Unmenge Sonderformen. So kennen wir sie überall im Alltag.
Mein Augenmerk soll mal auf Schrauben mit metrischem ISO-Gewinde liegen. Holzschrauben kommen an unseren 3D-Druckern eher selten vor. Gewinde ist wie eine schiefe Ebene um einen Zylinder gewickelt. Erst die Reibung bringt den Halt. Dazu später…
Viele haben die kleinen Zahlen auf den Schrauben und Muttern bereits gesehen. Es handelt sich nicht um die Gewindegröße sondern um die Festigkeitsangabe. Üblich von 3.5 bis 12.9 für Schrauben und 5 bis 12 für die Muttern.
Die Angabe auf der Mutter ist schnell erklärt. Sie sagt zu welcher Schraubenfestigkeit die Mutter paßt. Oft als Festigkeitsangabe in 100N/mm² bezeichnet aber das stimmt nicht immer! Es gibt schmale und breite Muttern.
Die Zahlen auf den Schrauben geben die Zugfestigkeit in 100N/mm² gefolgt vom Faktor in 10% für die Streckgrenze bzw. 0,2% Dehngrenze an. Also hat eine Schraube mit Festigkeitsklasse 4.5 400N/mm² Zugfestigkeit und 200N/mm² Streckgrenze und eine Schraube mit Festigkeitsklasse 12.9 1200N/mm² Zugfestigkeit und 1080N/mm² 0,2% Dehngrenze. Auf den Unterschied von Streckgrenze und 0,2% Dehngrenze möchte ich nicht weiter eingehen. Nur so viel, ab 8.8 ist der Stahl so hart, daß man keinen genauen Punkt mehr feststellen kann ab dem eine bleibende Verformung eintritt. Darum wurde 0,2% Dehnung als Wert festgelegt.
Wenn man also 200 N/mm² und 1080 /mm² mit einander vergleicht könnte sofort die Frage aufkommen: wozu dann noch eine 4.5er Schraube und all die anderen wenn die 12.9 so viel stärker ist. Nun, wie immer im Leben erkauft man sich jeden Vorteil im Leben mit Kompromissen. Das beginnt mit dem Werkstoff den ich verbinden möchte. Schneide ich ein Gewinde in Aluminium um es zu verschrauben muß das Gewinde im Aluminium auch die Kräfte aufnehmen können. Durch entsprechende Länge ist das möglich. Auf der anderen Seite muß der Schraubenkopf oder die Mutter den Druck wieder in das Bauteil ableiten ohne das sich der Schraubenkopf in das Material eindrückt. Um diese Kräfte zu übertragen muß die Schraubverbindung ähnlich einem Gummi in eine gewisse Vorspannung gebracht werden damit wir die oben erwähnte Reibung erhalten. Da kommt der Nachteil von Schrauben ab 10.9 ins Spiel. Die haben fast keine Dehnung mehr und müssen darum mit Drehmomentschlüssel festgezogen werden. Zusätzlich kommt es je nach Material der Bauteile und Anzahl der zu verbindenden Bauteile (inkl. Scheiben oder ähnlichem) zu einem Setzungsverhalten wodurch sich diese Schraubverbindung wieder löst. Um also sicher zu stellen, daß die Schraube hält muß regelmäßig mit Drehmomentschlüssel nachgezogen werden. Ich bin ein fauler Hund und die meisten Menschen wohl auch. Drehmomentschlüssel einstellen und regelmäßig nachziehen – keine Lust! Darum verwende ich nur 8.8er Schrauben. Das ist der beste Kompromiss aus hoher Festigkeit und Setzungsverhalten. Gerade mit Aluminium macht eine höherfeste Schraube auch keinen Sinn mehr. 640N/mm² bei 0,2% Dehngrenze ist schon recht ordentlich. Stutzig solltet Ihr werden, wenn die Festigkeitsangabe fehlt.
Ihr wollt nun gerne wissen was hält die Schraube aus? Multipliziert den Wert mit der Fläche des Kerndurchmessers und Ihr erhaltet die Zugkraft. Also für M5 sind das 4mm also 8kN bei 8.8er Schraube.
Übrigens! Federringe nach DIN 127 werden noch immer oft eingesetzt obwohl durch DIN schon vor Jahren ersatzlos zurückgezogen. Mein bevorzugtes Sicherungselement sind Sperrkantscheiben. Scheibenfedern sind auch möglich. U-Scheiben verschlechtern das Setzungsverhalten und sollten nur zur Druckverteilung bei sehr weichen Materialien verwendet werden. Besser sind Schraubenköpfe mit Flansch.
Ihr wollt mehr über Schrauben wissen dann seht Euch das Schrauben-Lexikon an.
von Uwe Reintzsch
Sehr schön, dass Du auf das Schrauben-Lexikon verweist!
Bei 3d-Druckern sollte es eigentlich nicht „die Frage“ sein, aber wenn es auf die Festigkeit einer Schraube ankommt, sollte man schon wissen, dass die berühmten Edelstahlschrauben (A2 / A4) eine andere (geringere) Festigkeit haben als die „normalen“ Stahlschrauben.
BTW: 3mm-Schrauben sind ja bei den Chinesen im 3d-Drucker-Bau sehr beliebt. Kennt jemand eine gute Bezugsquelle, bei der ich keine 100er-Packung kaufen muss? Hier in Bochum hat gerade der letzte Laden geschlossen, in dem man Eisenwaren in beliebiger Abmessung und Menge bekommen konnte. Bauhaus und Co geben sich mit so etwas (noch) nicht ab. 3mm Innensechskant gibt es hier in der Umgebung nicht…
Gruß
Fourever
Hornbach? Edelstahlschrauben haben noch andere negative Eigenschaften. Die fressen sich gern fest. Am 3D-Drucker macht das wirklich keinen Sinn. „Verzinkt“ ist völlig ausreichend.
Na super… Ich habe mir für den 3D-Druck einige tausend Schrauben in A2 gekauft.
Das ist doch gut. Das Sortiment wird Dich in Teilen ja Jahrzehnte begleiten und kann so im Wartestand nicht rosten. 🙂
Ich nutze Edelstahlschrauben seit jahrzehnten am Fahrrad und hatte noch keine festgefressene, trotz Witterungseinflüssen und Verschrauben in Alu-Rahmen-Gewinden. Dann wird das für den 3d-Drucker in der guten Stube auch gehen.
Festfressen würde ich tatsächlich am ehesten noch sehen, wenn man Edelstahlschrauben in ein geschnittenes Alu-Gewinde schraubt. Da haben sich bei mir aber bisher nur einmal verzinkte Schrauben festgefressen.
Also alles gut. Wir nutzen das ja nur in der Spielanwendung 3D-Druck.
Uwe denkt ja auch immer an echte Anwendungen, wo wirklich was dranhängt.
Da hab ich eine bessere Lösung! Steck die in ein Päckchen mit 10€ Sonderentsorgungsgebühr und schick die zu mir! Ich kümmer mich darum. 😉 Wird nicht gleich was tragisches passieren wenn Du die verwendest. Bei Hornbach hab ich auch nicht die Auswahl. Wenn ich eine passende Schraube finde nehm ich die. Außerdem trau ich den Stahlangaben immer weniger. Inder und Chinesen schicken Dir irgend was, mit jedem gewünschten Zertifikat und Du weißt nicht was Du da bekommst. Aus Deutschland ist fast nichts mehr zu bekommen. Das bereitet echt Probleme!
Guck mal bei Frantos.de, da gibts alles und wenn Du magst auch einzeln. Wobei es oft billiger ist, ein 25 Pack zu kaufen als nur 5 einzelne 🙂
Bereits beim Lesen der einführenden Worte muss ich schon meinen Beitrag verfassen ….hihihi…..;-)
Schreib bitte nicht Inbus sondern Innensechskant.
Inbus ist ein Markenname, genau wie Flex, Hilti oder andere.
Aber das wird der Verfasser des Artikels vermutlich wissen 🙂
Jo, Uwe schreib einfach ImBus
So unscheinbar Schrauben auch sind – prompt gibt es Diskussionen. Richtig! Die heißen Innensechskant. Bis ich das ausgesprochen habe ist mir 3x die Zunge gebrochen. Wie beim Wellensicherungsring. Der heißt bei mir Seegerring. Falsch aber jeder versteht was ich meine. Das gilt also für Innensechskant- im allgemeinen und InBus-Schrauben im speziellen gleicher Maßen. …und für ImBus im Besonderen! 😉 Über Inbusschlüssel regt sich keiner auf.
Ich habe das Thema angesprochen und zu spät gemerkt, dass ich nicht im Forum angemeldet war. Deshalb unter „Anonymous“ gepostet.
Ich rege mich über solche Dinge gar nicht auf, wollte nur wissen, wie sich DER Maschinenmann im Forum, der es garantiert richtig weiß, aus der Nummer zieht 😉
Wirklich sehr schön, dass Du das Thema behandelt und gut erklärt hast.
Hi Kollege, komme auch aus dem Maschinenbau,
trotzdem wird noch Schieblehre und Zollstock gesagt.
Wenn Du Aufsehen erregen willst, dann sag mal „Gliedermaßstab mit metrischer Einteilung“!
Oder, den will ich sehen, der bei einem Taschentuch nicht „Tempo“ sagt.
Das Kernthema bei V2A / V4A Schrauben ist nur das „galvanisches Element“
Da wir alle einen Aluminumaufbau haben, haben wir mit Normalstahlschrauben, höherwertige und niederwertige Elemente.
Wenn jetzt eine leitende Flüssigkeit zu diesem Materialmix kommt, entsteht ein Potentialausgleich, der Korrosion fördert. ( System Opferanode ).
Das istt allerdings jetzt sehr laienhaft, aber ich hoffe doch verständlich ausgeführt.
Hier in Sachsen wurde vor paar Jahren die sächsische Bezeichnung für den Gliedermaßstab zum Wort des Jahres gekürt. Die SCHMIECHE!
Rechnen und messen die Sachsen eigentlich metrisch?
August der Starke Kurfürst von Sachsen und König von Polen hat auf der Brühlschen Terrasse in Dresden einen Daumenabdruck hinterlassen und der gilt als Maß aller Dinge! Selbst der Härtegrad für Unterlegscheiben beruht darauf!
Deswegen jetzt also in jedem Handy der Test mit dem Finger. Sie warten auf die Wiederauferstehung des Königs.
Wenn das keine echte Verschörungstheorie ist!
Egal: Er lebe hoch, er lebe hoch, er lebe hoch 😉
Die Stasi war sehr schnell aber nicht schnell genug! Also hatte es sich sehr schnell in Dresden herum gesprochen. Unbekannte hatten einen Spruch am Goldenen Reiter hinterlassen. Der ging in etwa so:
Lieber August! Steig hernieder! Regiere unser Sachsen wieder! Laß in diesen schweren Zeiten Deine Sachen nicht so leiden!
Mit der Wiederauferstehung ist das nicht so einfach. Er wurde als polnischer König in Krakau bestattet. Sein Herz jedoch befindet sich in der Dresdner Hofkirche und immer wenn ein hübsches Mädchen vorbei läuft fängt es wieder an zu schlagen.
..immer sportlich! (hoffe ich!)
TOP! Da gibt es nichts weiter zu sagen. 🙂 Super Beitrag und Hinweis!
Gott sei Dank! Ich hatte bereits die Aussage: „Ich versteh zwar nur die Häfte, aber ich finds gut.“ und hab überlegt wie ich das besser erklären könnte…
Allein schon an den vielen Kommentaren sieht man wie interessant das ist!!! So Grundlagen allgemein finde ich sehr gut und wichtig! Diese Federringe sitzen überall noch in den Köpfen drin, da ist Aufklärung wirklich wichtig!
Da kam bereits ein Kommentar: „Mal schauen, wer per Kommentar so anspringt. Vielleicht musst Du dann ne Mechanik-Abteilung aufmachen.“ Wenn es ein wenig mehr Verständnis für Mechanik bringt ohne irgend wen zu überfordern…
Ja! Als Lehrling vor laaaaanger Zeit hat man mir auch noch beigebracht: U-Scheibe, Federring, Mutter. Manchmal ist weniger mehr! Wenn ich’s dann erkläre ist die Einsicht doch meist schnell da.