Anycubic Kobra S1 Combo
Endlich gibt es von Anycubic mal wieder einen voll eingehausten Drucker im Würfelformat. Und das in schnell und mit 4-fach Materialwechsler. Ist das ein würdiger Bambu Lab Konkurrent? Lasst Euch überraschen…
Der Anycubic Kobra S1 Combo ist ein vollständig eingehauster, schneller Core XY 3D-Drucker mit 4-fach Materialwechsler.
Unser Testgerät wurde freundlicherweise von Geekbuying zur Verfügung gestellt. Hier ist die Maschine vorbestellbar (Werbung).
Welche Beschreibung trifft es jetzt besser: eingehauster Kobra 3 Combo oder Klon des Bambu Lab P1S Combo? 😉
Zuerst mal die technischen Daten lt. Anycubic:
Fein, hört sich alles recht bekannt an, aber auch wirklich ganz gut. Und als Combo mit dem 4-fach Materialwechsler ACE Pro (Anycubic Color Engine Pro) bisher der einzige derartige Bambu Lab-Konkurrent im Würfelformat.
Bildergeschichte Teil 1 – die Hardware:
Der Aufbau der Hardware und die Inbetriebnahme dieser liefen problemlos, die Kurzanleitung hilft dabei durchaus, wenn man so eine Combo-Maschine noch nie aufgebaut hat. Wenn man die Bambu Lab Drucker kennt, kommt einem hingegen einiges bekannt vor.
Das 4,3″ große Touch-Display ist gut strukturiert und gut bedienbar. Es kann zur Anpassung des Blickwinkels vertikal gekippt werden.
Insgesamt macht der Drucker bisher einen stabilen und hochwertigen Eindruck.
Nun zur Software:
Warum der „Anycubic Slicer Next“ schon wieder eine abgespeckte Version des Orca Slicers sein muss, verstehe ich echt nicht. Ist das eigene Logo auf dem Slicer für die Hersteller so wichtig? Ein paar funktionierende Profile für Orca wären doch viel weniger Aufwand als den ganzen Slicer anzupassen, oder?
Ich denke auch nicht, daß Einsteiger mit dem Original wirklich mehr Probleme hätten als mit diesem unfertigen Ding.
Für alle meine Tests habe ich den Orca Slicer unter macOS verwendet mit den aus der Windows-Version des „Slicer Next“ kopierten Profilen und diese etwas angepasst.
Mit keinem der Programme konnte ich eine WLAN-Verbindung zum Drucker aufbauen. U.a. weil ich den verwendeten Port nicht herausbekommen habe.
In der Anycubic Mobile App kann man den Drucker hinzufügen, sobald man verstanden hat, daß der QR-Code auf dem Drucker-Display unter Einstellungen / Network nicht nur der Link zum App Store ist, sondern in der App nochmals gescannt werden muss. 😉
In der Mobile App funktioniert auch die komplette Netzwerk-Verbindung zum Drucker. Man kann Drucker und ACE Pro steuern, Dateien an den Drucker senden und vorherige Drucke einsehen. Das Kamerabild zeigt fast das gesamte Bett und ist klar und deutlich. Es kommen geschätzt so ca. 10 fps rüber, das reicht völlig.
Ausgiebig benutzt habe ich die Mobile App aber noch nicht.
Die Software ist zwei Monate vor Verkaufsstart also leider noch nicht ganz fertig.
Und jetzt ein paar Testdrucke:
Da die Anycubic Profile (noch) nicht optimal sind, muss man selbst etwas daran herumoptimieren, aber dann druckt der Anycubic Kobra S1 Combo wirklich sehr schön und zuverlässig.
Besonders erfreut war ich, daß er das Bambu Lab TPU for AMS ebenso sauber wie mein P1S gedruckt hat. Aber das ist halt auch sein sehr hartes TPU, Shore A 98 oder eher noch höher.
Es sind sicher auch noch andere, z.B. technische Filamente nutzbar, aber dazu bin ich jetzt auf die Schnelle einfach nicht gekommen.
Der Materialwechsler, das ACE Pro:
Eine neue und praktische Funktion von Anycubic’s Version des 4-fach Materialwechslers, des ACE Pro (Anycubic Color Engine Pro) ist, daß man damit das Filament auch aktiv trocknen kann. Das Trocken kann vom Drucker-Display aus gestartet und überwacht werden, es sind Profile für unterschiedliche Filament-Sorten vorhanden. Sehr praktisch finde ich, daß die Trocknung autark weiterläuft, wenn man den Drucker nach dem Start ausschaltet. Und nach dem Wiedereinschalten des Druckers kann man den Status im Display nachschauen.
Aber daß die Positionierung und Führung der Filamentrollen (noch) schlechter als beim zwei Jahre alten Bambu Lab AMS ist, finde ich sehr schade. In Slots 2 & 4 passen meine schmaleren Rollen zwar, aber auch dort sind die Führungen im Deckel nicht optimal zu diesen positioniert.
Firmware-Updates:
In den zwei Wochen seit ich den Drucker habe, kamen bereits zwei Firmware-Updates für den Drucker und eines für den ACE Pro. Ich finde das sehr positiv, da dies bedeutet, daß Anycubic sich weiterhin um die Maschinen und die Rückmeldungen von Testern und Kunden kümmert.
Die Updates werden zwar über WLAN aus dem Internet (OTA) geladen aber deren Verfügbarkeit wird leider nicht automatisch auf dem Drucker-Bildschirm angezeigt.
Man muss dazu auf Einstellungen / Device / Printer Information bzw. für das ACE Pro auf Einstellungen / Device / ACE x Information. Erst dann erscheint die Infotafel mit den Änderungen und die Abfrage, ob man es installieren will.
Noch ein paar weitere Details und Gedanken:
Die Druckgeschwindigkeit ist gleich hoch wie die der Bambus, also effektiv ca. 3x so schnell wie klassische 3D-Drucker.
Der Mainboard-Lüfter im ACE Pro läuft leider dauernd gut hörbar, auch wenn weder getrocknet noch gedruckt wird.
Seit dem ACE Pro Firmware-Update auf V1.3.856 ist dessen Lüfter im Leerlauf fast unhörbar. Die Lüfter des Druckers waren auch vorher schon aus, wenn nichts gedruckt wurde.
Insgesamt ist die Geräuschentwicklung sogar eher etwas geringer als beim Bambu, die von Anycubic angegebenen knapp 50 dB könnten hinkommen,.
Die Abluft wird durch ein prall mit Aktivkohle gefülltes Säckchen geblasen, das kann sicher helfen, die Ausdünstungen in die Umgebung zu reduzieren.
Bei jedem Materialwechsel wird etwas Material aus der Düse gespült, damit sicher nur das aktuelle Filament drin ist. Und das Häufchen rutscht dann hinten aus dem Drucker ins Freie, genau wie bei Bambu Lab.
Der USB-Port ist an der rechten Gehäuseseite eher unpraktisch positioniert, da er den horizontalen Platzbedarf um mehrere Zentimeter erhöht. Oben neben dem Display oder sogar in diesem wäre sinnvoller gewesen, da sonst nichts seitlich angeschlossen wird oder übersteht.
Der externe Spulenhalter kann bei angeschlossenem ACE Pro nicht verwendet werden, da es keine extra Zuführung dafür gibt und weil die Firmware es verhindert. Bei Bambu ist das genauso, da es ja nur logisch ist.
Eine gute Änderung des ACE Pro gegenüber dem Bambu Lab AMS finde ich, daß die vier Bowden erst außerhalb des Wechslers in einen zusammengeführt werden. Das dürfte bei Filamentbruch o.ä. die Fehlerbehebung deutlich vereinfachen.
Das ACE Pro kann auch Sorte und Farbe per RFID aus der Filament-Spule auslesen, aber vermutlich nur die Hersteller-eigenen wie Bambus AMS auch.
Der starke Zusatzlüfter mit der breiten Düse zur bessern Bauteilkühlung und der Filamentschneider sind wie bei Bambu Lab auch vorhanden.
Die drei Z-Spindeln werden von einem Motor mit Synchronriemen angetrieben, das macht Bambu Lab genauso.
Levelling und Z-Offset bedürfen keines Eingriffs durch den Anwender, das geschieht vollautomatisch, ersteres mit 25 Messpunkten, was bei dieser Bettgröße eher wenig ist.
Die magnetisch auf dem Druckbett gehaltene Flexplate ist beidseitig mit fein strukturiertem PEI beschichtet. Deren zwei Aussparungen muss man sauber an zwei recht kleinen Bolzen an der hinteren Kante des Betts ausrichten. Da wäre mehr Führung sinnvoll, aber da die Anziehungskraft des Betts schwächer als bei den Bambus ist, geht das schon.
Für ABS habe ich einen Klebestift als Haftmittel verwenden müssen. Von Bambu Lab, da Anycubic keinen beilegt.
Der Platzbedarf beträgt 450 x 500 x 560-920 mm^3 (B x T x H) mit ACE Pro oben drauf.
Der Drucker ist in weniger als einer halben Minute nach dem Einschalten betriebsbereit.
Bett und Düse zusammen erreichen PLA-Temperaturen innerhalb von ca. 100 s, das ist schnell.
Bevor der eigentliche Druckvorgang startet, vollführt auch dieser Drucker ein paar Tänzchen, die bis zu 7 Minuten dauern können. Aber Bambu ist da auch kaum schneller.
Auffallend ist, daß der Filamentwechsel 145 s dauert, fast eine Minute mehr als bei den Bambus. Evtl. lässt sich das aber durch Einstellungen im gCode oder in der Firmware optimieren. Aber ein echter, flotter Mehrfarb-Drucker (also in „jeder“ Schicht mindestens ein Farbwechsel) wie es solche mit IDEX, Toolchanger oder Klapp-Düsen sind, die innerhalb von ein paar Sekunden wechseln, ist er damit genauso wenig wie die Bambus.
Die Türe und der Deckel sind aus schwarz getöntem transparenten Kunststoff statt aus Glas, schließen aber gut und klappern nicht.
Den Düsen-Schnellwechsel habe ich noch nicht ausprobiert, da hierbei das ganze Hotend gewechselt wird. Es ist nämlich nicht damit getan, das Hotend zu entriegeln, man muss die zwei Kabel auch noch ausstecken, wo habe ich nicht auf Anhieb erkennen können. Das liefere ich aber noch nach.
Hier noch ein paar Links:
Fazit:
Es ist sofort offensichtlich, daß die Bambu Lab Drucker, speziell der P1S Combo, für den Anycubic Kobra S1 Combo Pate gestanden haben. Was ja nicht das schlechteste Vorbild ist, im Gegenteil.
Anycubic hat darauf verzichtet, großartige neue Features wie z.B. eine aktive Bauraumheizung hinzuzufügen. Aber vermutlich soll dieser Drucker auch kein High End Gerät sein, genausowenig wie es der Bambu Lab P1S ist. Bambu Lab hat dafür die X1-Serie, Anycubic (noch?) nichts.
Ein echter Vorteil gegenüber der P1 Serie von Bambu Lab ist der 4,3″ große Touchscreen statt des kleinen Text/Grafik-Displays mit Steuerkreuz. Bei Bambu Lab gibt’s das nur in der X1-Serie.
Hoffentlich wird die Software bis zum Verkaufsstart fertig, besonders die macOS Version ist ziemlich weit davon entfernt, sie ist noch ein reines intel Binary. @Anycubic: Oder einfach gute Profile für den Orca Slicer erstellen, fertig. Sonst hat Bambu Lab da einen großen Vorsprung.
Der Anycubic Kobra S1 Combo ist ein wirklich sehr guter Drucker mit 4-fach Materialwechsler, den ich jedem empfehlen kann, der gegenüber dem Bambu Lab P1S Combo sparen will und damit leben kann, daß der Drucker nagelneu ist und sich also nicht schon zwei Jahre lang in der breiten Masse bewähren konnte.
Ich hatte, außer mit dem Slicer, keine echten Probleme während des gesamten Testzeitraums.
Dank des ACE Pro ist dieser Drucker die aktuell einzige Konkurrenz zum Bambu Lab P1S Combo, und das sogar auf ähnlich hohem Niveau. Bravo Anycubic!
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Für Diskussionen zu diesem Testbericht bitte hier ins Forum gehen:
Danke für den sehr guten Bericht Alex. Interessantes Gerät
Man darf ja auch nicht vergessen, dass der Drucker für die Early Adopter bei 549,-€ lag und damit gute 250,-€ unter einem P1S mit AMS sind,
Das ist schon ne Hausnummer.
Bei geekbuying mit dem Gutscheincode auf mydealz.de aktuell immer noch 519,-
Da musste ich einfach…
Anycubic, Creality usw kopieren nun fleißig den Bambu. Was mich wirklich interessiert hätte: wie schneiden diese Drucker im direkten Vergleich ab?
Ich warte lieber auf den neunen Bambu, der im ersten Quartal 2025 kommen soll….
Nun fehlt uns erstmal noch der dritte Kandidat an Wechslern im Bunde. Bigtreetech wird sicher etwas mehr Zeit benötigen, aber Creality hat ja nun auch mit der Auslieferung begonnen. Dann sind es 3 fast baugleiche Kandidaten. Also wäre ein Vergleich der Filamentwechsler sicher recht interessant. MMU von Prusa würde ich mal etwas beiseiteschieben. Kostet nicht nur etwas mehr, es benötigt auch zusätzliche Stellfläche. Auf dem Drucker montiert nehmen die ja schon viel Platz weg, aber daneben positioniert bekomme ich ein echtes Platzproblem. Zudem ist das auch nicht zu bewegen. Mit all den Bowden und Gerassel mag ich das nicht transportieren. Da ist die hier gezeigte Bauform deutlich angenehmer. Ob Any dabei von Bambu kopiert… ist mir ziemlich egal. Die Drucker haben sich am Markt behauptet und sind das Maß der Dinge. Nun wird es massenhaft auf den Markt gebracht und der Preiskampf beginnt. Wo bleibt jetzt der nächste Schritt? Können wir leider im Moment noch nicht beantworten. Ich find es beeindruckend, wie lange die Reaktion der anderen Anbieter auf dem Markt hat auf sich warten lassen. Die übrigen Parameter des Druckers sind in Ordnung. Diese reinen Zahlen für Druckgeschwindigkeit, Beschleunigung… sind ohnehin mit Vorsicht zu genießen. Die empfohlene Geschwindigkeit ist gut und der Rest ist mit Abstrichen verbunden. +/- 10% spielt alles keine wirkliche Rolle im täglichen Betrieb. Ich gebs ja zu. Ich bin auch hin und her gerissen. Braucht man den Materialwechsel, welche Größe…
Danke für Deinen tollen Bericht!
Ich habe Anycubic und Creality, sowie die kleine AMSlite von Bambu hier..
Ja, ich werde bei Gelegenheit nen Blogpost dazu machen.
Sehr gut!
Das normale Bambu AMS kriegst dann eh mit einem meiner X1CC, sobald das neue Flaggschiff da ist.
Danke hatte ich so gar nicht auf dem Schirm, aber wird interessant und klingt vielversprechend , bin ja schon neugierig wie der neue Prusa Core One (andere Preisliga) sich dagegen schlägt und wie die Antwort von Bambu aussieht, (soll ja auch was neues kommen) – man kann natürlich auch bei dem Wechsler einstelle, dass er mit der nächsten weiter druckt wenn die eine gar ist?
Klasse Alex,
super Bericht. Ja, die alten Anycubic Würfel haben uns viel Freude gemacht und nun gibt es bei Anycubic auch einen „modernen Würfel“. Der 3-dimensionale Fortschritt ist enorm. 🙂
Gruß Fritz