Kühlung in Cura

PLA druckt nicht ordentlich ohne ausreichende Bauteilkühlung. Aber auch andere Filamente können von der richtigen Einstellung der Bauteilkühlung profitieren. Wie das geht in Cura, zeige ich hier.

Wie immer bei Cura solltet Ihr Euch versichern, dass alle relevanten Einstellungen sichtbar sind. Dazu geht Ihr  am besten im Menü auf Konfiguration > Sichtbarkeit der Einstellungen und hakt alle Settings an, die Ihr sichtbar haben wollt. Tip: verharrt man auf einer Einstellung, wird eine kurze Erklärung als sog. Tooltip eingeblendet.

Sichtbarkeit der Einstellungen konfigurieren – Stand Cura 3.6

 

Soweit das Vorgeplänkel, kommen wir zum eigentlichen Thema:

Kühlung in Cura

Vorneweg: Cura ist bisher nicht mein bevorzugter Slicer gewesen und ich nutze es noch nicht so lang / oft. Solltet Ihr Fehler entdecken, dann habt bitte Nachsicht und korrigiert mich, wo notwendig.

Einstellungen zur Kühlung Cura v3.6

Kühlung für Drucken aktivieren:

Simpler an/aus Schalter. Betrifft nur die Bauteilkühlung, der Hotend Lüfter bleibt davon unbeeinflusst.

Zur Erinnerung: Der Bauteilkühler kühlt das gedruckte Teil. Der Hotendlüfter kühlt das Hotend und verhindert ein Verstopfen des Hotends.

Schaltet man die Kühlung aus, verschwinden die untergeordneten Einstellungen. Die Strukturierung, was untergeordnete Einstellungen sind, erscheint mir etwas willkürlich.

Bis auf ganz wenige eher exotische Ausnahmen (das Hotend des Renkforce RF500 z.b.) muss der Hotend Lüfter immer laufen oder besser: immer laufen solang das Hotend heiss ist. In der Regel läuft der Hotend Lüfter bei unseren China-Druckern non-stop durch. Leider. Um das zu ändern, müsste die Firmware geändert und der Lüfter an einen PWM Pin angeschlossen werden. 

Ausschalten ist am ehesten noch für ASA oder ABS passend, aber selbst diese Filamente können von einer leichten(!) Kühlung bzw. den weiteren Kühlungsoptionen profitieren. Dazu in den folgenden Abschnitten dann mehr.

 

Lüfterdrehzahl

In einem sauber definierten Druckerprofil, erhält die Lüfterdrehzahl ihre Einstellung von der Materialdefinition.

Materialprofile verwalten in Cura 3.6

Schauen wir uns ein Materialprofil an, finden wir dort die Einstellung für die Lüfterdrehzahl:

  

Wechseln wir das Material, sollte sich auch die Lüfterdrehzahl ändern.

 

Normaldrehzahl des Lüfters 

= ist die Drehzahl des Lüfters, wenn keine „Ausnahmesituation“ vorliegt. Also im Grunde die Normalgeschwindigkeit des Bauteillüfters. Für PLA ist das in der Regel 100%, es sei denn. ihr habt so ein starkes Gebläse eingebaut, dass ihr den Lüfter runter regeln müsst. Ausnahmen sind: zu kurze Layerzeit oder die allererste Druckschicht(en).

Für PETG nutze ich in der Regel eine Normaldrehzahl gerade hoch genug dass der Lüfter mehr oder weniger gelangweilt mitläuft. Für ABS/ASA ist die Normaldrehzahl bei mir 0.

Wenn ich mein eigenes Druckerprofil erstelle, dann verwende ich für dieses Feld eine Formel, 50% der Lüfterdrehzahl als Voreinstellung hat sich bei mir bewährt.

Maximaldrehzahl des Lüfters

Was ist die höchste Drehzahl, die der Lüfter laufen darf. Wird benutzt, wenn das Limit für die Layerzeit unterschritten ist. Das mit den Layerzeiten erkläre ich gleich noch. Für PLA ist dies in der Regel 100%, es sei denn, Euer Bauteil Kühler ist auf 100% viel zu stark. Für PETG nutze ich je nach PETG Marke so um die 50%-75%, aber das ist bissl schwammig. Für ASA / ABS 0% oder vorsichtige 20-30%. Das müsst ihr durchprobieren.

 

Was soll das mit der Layerzeit?

Schauen wir uns die Druckvorschau des Omnoms (von Sparkyface5 auf Thingiverse) an, dann wird schnell klar, die Zeit, die benötigt wird, um die Schicht am orangenen Pfeil zu drucken, ist wesentlich länger als die benötigte Zeit für den dünnen „Boppel“ am roten Pfeil.

Warum ist das relevant?

Die gerade frisch gedruckte Schicht braucht etwas Zeit, um sich zu festigen. Sind die Layerzeiten zu kurz, kann sich das Material nicht genug abkühlen und es bleibt zu weich wenn die Düse zum Druck der nächsten Schicht wieder vorbei kommt. Das Resultat, das ganze verschmilzt unter Umständen zu einem undefinierbaren Gewurstel. Ideal zu sehen bei Druckteilen, die in wenigen spitzen Türmchen enden.

Diese spitzen Türmchen werden gerne als Stringing Test benutzt, testen aber dann nach oben hin weniger das Stringing/Retractverhalten sondern zunehmend nur noch die Kühlleistung der Bauteilkühlung.

Am Benchy gibt es auch Stellen, wo wir regelmäßig in Probleme mit der Layerzeit laufen: der Kamin und eventuell auch die dünnen Wände der Kabine im Bereich wo Fenster und Türen die Layerzeiten deutlich reduzieren:

Sinkt die Layerzeit, kann hier mit 2 Dingen gegengesteuert werden. Wir können die Lüfterdrehzahl erhöhen um damit die Kühlleistung zu verstärken, oder aber die Druckgeschwindigkeit reduzieren, um der zuletzt gedruckten Schicht mehr Zeit zum Abkühlen zu geben.

Die Blaufärbung zeigt indirekt mögliche Problemstellen an (in der Druckvorschau mit Farbschema Vorschub), sie kommt aber eigentlich von der Geschwindigkeitsreduzierung, dazu kommen wir dann gleich.

Wir halten fest: ist die Layerzeit zur Kurz kann es Probleme mit Überhitzen des Materials geben. Und gehen zurück zu den Einstellungen..

 

Grenzwert für Normaldrehzahl des Lüfters

Hier geben wir eine Zeit in Sekunden an, wann von der Normaldrehzahl zur Maximaldrehzahl gewechselt werden soll. Ich finde die Standardeinstellungen von Cura etwas kurz, ich trage da meist 25s ein. Die Drehzahl wird proportional angepasst. Je kürzer die Layerzeit = mehr Drehzahl bis zur Maximaldrehzahl.

Anfängliche Lüfterdrehzahl

Die Drehzahl des Lüfters während die erste Schicht gedruckt wird. Dies sollte, um eine gute Betthaftung zu erreichen, bei eigentlich allen Filamenten 0% betragen.

Normaldrehzahl des Lüfters bei Höhe

Hin und wieder kann es sinnvoll sein, nicht sofort von 0% (anfängliche Drehzahl) in der ersten Schicht zu 100% (oder was auch immer als Normaldrehzahl eingestellt ist) in der zweiten Schicht zu springen, sondern die Drehzahl über mehrere Schichten hinweg langsam bis zur Normaldrehzahl zu steigern. Hier geben wir an, ab welcher Höhe in mm die Normaldrehzahl erreicht werden soll.

Sinnvoll z.b. beim Druck von PLA mit zu starker Bauteilkühlung oder schlecht isolierten HotendEnds. Mein Paradebeispiel ist der Prusa MK3, wenn ich den von 0% auf 100% Drehzahl „hetze“, stürzt die Düsentemperatur ab und ich bekomme eine massive Unterextrusion sobald der Lüfter anspringt – oder aber der Drucker steigt mit Min-Temp Fehler aus. Da wünschte man sich, das Meister JP die Silicon Socken nicht immer wegschmeissen würde, wenn er die E3D Hotends in den Karton packt.

Normaldrehzahl des Lüfters bei Schicht

Das symbolisiert so ein bissl die Cura Krankheit, macht genau das Selbe wie Normaldrehzahl bei Höhe, nur dass ich hier eine Schicht-Nummer eintippen kann statt einer Höhe in mm. Der Effekt ist genau der selbe.

Vermutlich werden die Programmierer nach Anzahl der Einstellungsmöglichkeiten bezahlt.. Ich hab heut 5 Eingabefelder gebaut, das gibt fett Kohle..?

Mindestzeit für Schicht

Wenn die Layerzeit unter diese Grenze (in Sekunden) fällt, wird zusätzlich zur Erhöhung der Lüfterdrehzahl nun auch die Druckgeschwindigkeit reduziert, um sicherzustellen, dass diese hier angegebene Layerzeit nicht unterschritten wird.Der Cura Standard von 5s erscheint mir deutlich zu kurz ich verwende 15s.

Die nächste Einstellung..

Mindestgeschwindigkeit

gilt hier als unterste Grenze für die Druckgeschwindigkeit. Der Standard in Cura ist 10mm/s. Die Theorie besagt, wenn zu langsam gedruckt wird, dann stimmt das Druckverhältnis in der Düse nicht mehr, der Materialfluss kann leiden, etc. Ich hab mich mit der Mindestgeschwindigkeit noch nie befasst. Ich lasse es beim Cura Standard von 10mm/s, das scheint OK zu sein.

Sollte selbst unter Berücksichtigung der Mindestgeschwindigkeit die Mindestzeit für für eine Schicht nicht gewährleistet werden können, dann gibt es noch den letzten Notnagel:

Druckkopf anheben

Um also dennoch die Mindestzeit für Schicht einhalten zu können, obwohl über die Reduzierung der Druckgeschwindigkeit so nicht machbar, fährt Cura bei aktivierter Funktion „Druckkopf anheben“ den Druckkopf zur Seite und wartet solang, bis die Mindestzeit erreicht ist und setzt erst dann den Druck wieder fort.

In der Druckvorschau im Schema Linientyp hier am Beispiel eines Benchies sehr gut zu erkennen. Die mit dem Pfeil markierten blauen Linien zeigen, wie der Druckkopf zur Warteposition und wieder zurück fährt.

Leerfahrt zur Warteposition

Das Problem mit dieser Funktion: die macht gerne Pickel und zieht Fäden. Ist also in der Tat ein Notnagel, wenns nicht anders geht.

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert