Sceoan Windstorm S1

Soviel hätte ich zum gar nicht mal so neuen Newcomer im Markt schreiben wollen, aber es sollte nicht so sein. Warum, wieso gibts nach dem Klick auf..



Ich gehe mal schwer davon aus, dass ich hier ein Vorserienmodell erhalten habe – kostenlos zum Test zur Verfügung gestellt von Geekbuying. Der Drucker ist dort zum Preis von 379,- Euro (mit Coupon Code: NNNDESOS1 ) aus dem EU Lager erhältlich.

 

Hier hätte eigentlich eine lange und meiner Meinung interessante Geschichte über Sceoan stehen sollen, wo die herkamen, was deren Hintergrund ist, aber dann wurde ich gebeten, es wieder zu löschen.

 

Also dann so:

Sceoans Windstorm S1 ist ein schneller, offener Drucker, der den heutigen Hochgeschwindigkeitsdruckern in nichts nachsteht. Aber – neben dem sehr stylishen und super aufgeräumten Design (man sieht keine Kabel) – anders, als die meisten der zuletzt getesteten Drucker setzt Sceoan beim Windstorm komplett auf Marlin, nicht Klipper.  Ein sehr aktuelles Marlin dazu noch.

Es gibt auch keine Cloud, man braucht keine App, er kommt gänzlich ohne LAN Funktion – da kann also auch nichts abgeschnorchelt werden. Einige legen da ja sehr großen Wert darauf, für die passt dieses komplett „Offline“ Konzept sicher optimal.

Eckdaten:

  • schnell isser.. also nicht langsamer als die üblichen „500 mm/s“ Geräte der letzten Zeit, das ist für einen Bettschubser immer noch erstaunlich.
  • diese hohe Geschwindigkeit schafft er nicht zuletzt durch seine stabile Mechanik mit Linearschienen auf X&Y, Z mit auf klassischen Rundstahl („Stangen“) mit Kugellagern, das i3 Prinzip, allerdings mit neuem Antrieb
  • aufgeräumt und durchdesignt: Alu Verkleidung ohne sichtbare Kabel
  • Hotend mit Liner, limitiert auf 260 °C, sehr flott dank Keramikheizer
  • Heizbett bis 140 °C einstellbar, bis 110 °C kann ich es nutzen.
  • mit texturierter PEI auf Federstahl
  • Filamentende-Sensor gut platziert direkt am Extruder
  • DualGear Direct Extruder mit den großen Zahnrädern und einstellbarer Anpressdruck
  • ich habe ihn hier in der 230×230 Version, es wird ihn auch größer geben
  • keinerlei LAN/WAN Funktion
  • aktuelle Marlin, nicht Klipper
  • M600 / Filamentwechsel funktioniert gut.
  • Ein Touchscreen mit extrem viel Funktionen direkt am Display, mehr noch als die guten alten Drehklick Displays.
  • ABL mit berührungslosem Sensor, aber kein Auto-Z
  • Ausziehbare Elektronik Box gibt leichten Zugriff auf die sehr sauber aufgebaute Elektronik
  • 3x USB: USB-C, A & B, für Speichermedien und Kopplung mit einem Rechner
  • gedacht für Orca Slicer, angepasste Orca Version inkl. Profile werden mitgeliefert
  • Nicht leise, auch nicht im Stand-by

Beim mitgelieferten Zubehör zeigt man sich sparsam, keine Ersatzdüse. Aber ein USB Kabel, leider kein Blaues (Oldtimer Witz).

Aufbau:

 

Der Windstorm S1 ist der Drucker, der in all den Jahren, die ich das nun mache, am schnellsten montiert war. Das ist tatsächlich nur ein Handgriff: den Galgen auf die Basis stellen, dabei rutschen die Stecker der Kabel in die Buchse und man muss nur 2 Schrauben von hinten reindrehen und fertig. Filamenthalter noch oben drauf.

 

Da brauche ich teilweise bei Fertigwürfeln länger.

Das kann jeder. Auch kann man sich das langwierige Kontrollieren von Rahmengeometrie, Exzenter-Vorspannung und haste nicht gesehen sparen. Er verkabelt sich quasi von selbst. Kurz: Auspacken, zusammenstecken und gut ist.

Und die Art, wie er aus dem Karton kommt, ist ja auch originell. Design, ja auch bei der Verpackung wirkt schon sehr edel.

Der Extruder des Windstorm S1:

Als modern und leistungsfähig würde ich den (beleuchteten) Extruder bezeichnen. Der DualGear Feeder mit seinen großen Zahnrädern gehört zu den besseren Vertretern, die in heutigen Fertig-Druckern zu finden sind. Die Möglichkeit, den Anpressdruck zu verändern, wurde bei der Konkurrenz auch schon mal weggestrichen, hier gibt es diese – und auch ohne, dass man den Druckkopf öffnen müsste.

Das Hotend geht bis auf 260 °C, heizt dank Keramikheizung super schnell, das ist erfreulich. Nicht ganz so glücklich bin ich mit dem Thermistor, der hat mir ein jähes Testende beschert, ich hoffe, das war hier ein Montagsgerät. Wobei man hier gar nicht groß meckern darf, denn das nahezu identische Hotend funktioniert in anderen Druckern hier problemlos.

Lobenswert auch: der Filamentende Sensor sitzt nahe beim Extruder, so muss das, das hat Creality z.B. noch immer nicht begriffen. Filament wechseln geht nicht nur schnell und bequem, auch M600 wird sauber unterstützt, der empfohlene Slicer Orca macht das Setzen des Wechselpunkts auch sehr einfach, sodass Filamentwechsel auch im laufenden Druck hier einwandfrei umgesetzt wird. Einer der Punkte, die mir beim Windstorm S1 sehr gut gefallen.

Weniger schön dagegen der Liner zwischen Feeder und Heatbreak, der zwar nicht in den heißen Bereich ragt, aber trotzdem bei abrasiven Filament wahrscheinlich nur eine begrenzte Haltbarkeit zeigen wird. Bei Standardfilament spielt es dagegen keine Rolle – und da sehe ich den Windstorm S1 primär: PLA, TPU, PETG. Da der Windstorm nicht für Carbon beworben wird, ist das OK so.

Die Bauteilkühlung ist zumindest mal „ungewohnt“, hier einfach ungeführt Luft aus einem 4020 Lüfter Richtung Bauteil zu pusten ist vielleicht etwas sehr simpel. Muss aber gleich zwei Sachen dazu sagen: zum einen funktioniert es besser als gedacht, wenn auch nicht perfekt und zum anderen: hier steckt wohl schon eine Revision in der Pipeline.

 

Das Heizbett des Windstorm S1:

Ein manuelles Tramming („Leveln“) des Heizbetts ist nicht vorgesehen. Richten soll es die Meshkorrektur. Ich muss aber auch gleich zugestehen, mein Windstorm S1 hat ein erfreulich ebenes Heizbett, mit einer Varianz geringer als 0,2 mm.

Die ABL Features von Marlin sind vollständig umgesetzt, inkl. Mesh Anzeigen, Meshpunkte editieren. Das Einmessen erfolgt berührungslos über einen im Druckkopf montierten Sensor. M420 S1 im Startcode nicht vergessen. Den Z-Offset muss man jedoch selber ermitteln, Papierwedeln lässt Grüßen, selbstverständlich beherrscht der Drucker BabyStepping, um das bequem während die erste Schicht druckt, anpassen zu können.

Als Druckbett nutzt Sceoan einseitig texturierte PEI auf Federstahl. Gehalten per Magnetfolie auf klassischem Alu Heizer. Vorgesehen ist eine 230 x 230 mm Platte, wobei eine etwas gängigere 235 x 235 mm Platte aus dem Zubehör Angebot von Amazon & Co auch drauf passt – habs gerade ausprobiert.

So habe ich das gerne.

Aber ein wenig lahm ist das Bett schon, bis es auf Temperatur ist. Hier ist die Konkurrenz mit 36V respektive 240V halt doch noch einmal eine ganze Ecke flotter auf Temperatur.

Kurios auch die Sache mit der maximal erreichbaren Betttemperatur: einstellen kann ich 150 °C, er setzt es dann selbstständig auf 140 °C runter, um dann bei 117 °C reproduzierbar mit einer Fehlermeldung auszusteigen. Ich behaupte daher, die maximale Betttemperatur sind immer noch gute 110 °C und hier sollte in der Firmware nachgebessert werden.

Dass das Bett nun im Gehäuse eingelassen ist, macht eine schicke Optik, aber sonst ist der Nutzen dann wohl eher gering. Ich habe bei dieser Bauart auch immer das Problem, dass mir da gerne Filamentreste reinfallen, fand ich beim AnkerMake schon etwas ungünstig.

 

Elektronik in der Box:

In der Werbung steht, die „Elektronik Box“ kann wie eine Schublade rausgezogen werden. Das ist tatsächlich so, vermutlich auch, weil man sonst gar nicht ran kommen würde.

Das Display und ein klein wenig Geraffel ganz vorne kommt jedoch nicht mit raus, da muss man hoffentlich nie ran.

Board sieht aus wie ein MKS Robin Nano V3. Mit gesockelten, leisen Treibern. Schön. Das ist alles sehr sauber verdrahtet und auch die Schutzerde an den Rahmen wurde nicht vergessen.

Wir finden ein passiv gekühltes Netzteil, dass finde ich immer klasse, denn wo kein Lüfter ist, gibts auch kein Lärm. Wenn nicht ein andere Lüfter den Job als Krachmacher übernimmt.

Insgesamt reicht dem Windstorm S1 hier ein einziger (sehr flacher) Lüfter für die Kühlung aus, der allerdings bei mir inzwischen ein Lagerschaden hat und die ersten 5 Minuten röhrt wie ein Elch in der Brunftzeit. Hier ein leiser Lüfter aus dem PC Bereich rein und ich denke, ich wäre super glücklich. Es wird gemunkelt, dass Sceoan bereits den Zulieferer gewechselt hat und die aktuellen Geräte dann künftig mit besserem Lüfter aufwarten werden. Aktuell ist meiner also trotzdem alles nur kein Flüster Drucker.

Firmware sagte ich ja schon, eine erfreulich aktuelle Marlin. Marlin ist grundsolide und trotz des derzeitigen Klipper Hypes immer noch ein starker Player auf dem Markt. Gerade wer eben nicht am Drucker basteln will, sondern einfach nur den gelieferten Drucker nutzen möchte, liegt mit Marlin meist nicht schlecht. Und dann eben auch im Zusammenspiel mit einer existieren Printserver Infrastruktur, à la Octo / Repetier.

 

Umfangreiche Einstellungen am Drucker direkt

Mantra artig kam bisher bei jedem Drucker mit Touchdisplay der Satz: das Display ist hübsch, aber funktionsarm. Sceoan zeigt, dass es auch anders geht: ich hatte noch keinen Drucker, der gefühlt wirklich jede Marlin Option ins Display gebracht hat – ja bis hin zu einem vollwertig nutzbaren Terminal. Braucht man das? Wahrscheins nicht oft, aber schön, dass es da ist.

Ich hoffe, ich habe jetzt keinen Screen vergessen.

Testdrucke

Das 17 Minuten Benchy (vorgesliced) mit HyperPLA druckt er gut genug, er zeigt am Bug kleine Fehler, die ich der Bauteilkühlung anlasten würde – und diese soll ja verbessert werden, ich denke, ein einfacher Luftkanal zum drauf stecken wirds richten. Das ist eigentlich mein einziger Kritikpunkt.

Auch hier nochmal im Überhangtest zu sehen: das ist immer noch ein sehr gutes Ergebnis, aber der letzte von mir getestete Drucker hatte auch noch die äußerste Linie sauber sitzen. Hier der Windstorm S1:

Weitere Testdrucke druckte er ohne Beanstandung. Nachdem ich das sehr zaghafte in Orca voreingestellte Profil etwas angepasst hatte, steht er dem Bambu und dem K1speedy in Sachen Geschwindigkeit in nichts nach.

Allerdings ist das Ergebnis auch in Sachen VFA nicht besser als bei Bambu und dem K1speedy, auch hier sind die Artefakte deutlich zu sehen. Nicht schlechter, aber auch nicht besser.

Paar mehr Fotos kann ich eventuell mal später noch nachliefern, für den Moment muss das reichen.

 

So, nun kommen wir zu meiner Ersteinschätzung zum Windstorm S1:

Ich hab jetzt doch lang überlegt, was ich vom Windstorm S1 halten soll und wie ich ihn im direkten Vergleich mit aktuellen Konkurrenzmodellen einschätzen soll.

Ich hole Mal aus, das schreibt Sceoan auf der Homepage, das sind also die 8 Merkmale, mit denen der Drucker ins Rennen geschickt wird?

Aber sind das wirklich die Hauptmerkmale, die für den Sceoan sprechen, ich würde es anders formulieren.

Hier mal, was ich als die 8 Vorzüge des Windstorm S1 aufzählen würde:

  • ansprechendes Design, ohne Kabelverhau (und ohne Knicke im Kabel *g*)
  • stabile Mechanik mit Linearschienen –  keine V-Slot-Rollen.
  • ein stabiler, geometrisch sauberer Rahmen vs. zunehmend windigere Plastikgehäuse und immer dünneren Aluprofile
  • genau so schnell wie die Konkurrenz im „500 mm/s Bereich“
  • Datensicherheit: kein LAN, keine gehackte Cloud (siehe Anycubic), kein Appzwang und kein Daten abschnorcheln
  • Marlin, Orca & Octoprint statt Klipper – ja, das kann ein Thema sein, zumindest ist es ein echter Unterschied.
  • M600 direkt sauber umgesetzt, da kranken viele andere Drucker noch dran, einfacher Filawechsel & effektiver FilaSensor
  • eben gerade kein Basteln, kein Nachjustieren, dazu leichter und schneller Aufbau

und für den deutschen Markt zumindest:

  • mit einem alten Bekannten einen kompetenten Service Partner hier in DE an der Hand: https://partner-3d.de (woher kennen wir den blos?)

OK, es sind 9.

Schwierig. Im Rahmen dieser Liste an Vorzügen würde ich den Sceoan durchaus auch in den Beratungsthreads empfehlen. aber grundsätzlich als der Kauftipp für alle, wie es lange Zeit ein Ender 3 war? Im Bereich bis 400,- Euro gibt es viel Konkurrenz, gerade auch Sovol und Elegoo (nicht so hübsch).. oder AnkerMake (proprietäre, geschlossene Firmware, Datenschutz)

Sceoan schwimmt mit dem Windstorm S1 schon etwas gegen den Trend, ob sich das auszahlt in Zeiten, wo in der Zielgruppe Hobbynutzer/Consumer mindestens jeder Zweite verkaufte Drucker ein CoreXY Würfel mit Klipper ist.

 

Werbung:

Der Windstorm S1 ist ab heute bei Geekbuying zum Preis von 379,- Euro (mit Coupon Code: NNNDESOS1 ) aus dem EU Lager erhältlich.

12 Kommentare

  • Schöner Drucker , das Problem was nun kommt , ist das es die Firma nicht mehr gibt , Ersatzteile wird somit schwierig bis unmöglich .
    Schade eigentlich , an sich ein guter Drucker , Bauteilkühlung leiserer Lüfter mit Duct dann super .
    Mal so gut wie kein lautstark klapperndes Plastik 🙂 .
    Wer W-lan unbedingt haben möchte , kann es ja auf dem Board nachrüsten , Steckplatz ist vorhanden , ist ein Robin Nano 3.x.x verbaut , man müsst dann nur das Marlin dementsprechend basteln.

    Gruß
    Ingo

  • Hallo, ich kann kein Profil in Orca finden. Ist es möglich, Ihr Orca-Profil zu teilen? DANKE

  • Habe auch einen von diesen Druckern. Bin damit eigentlich zufrieden. Für das was ich mache.
    Was mich allerdings stört ist die Luftführung der Bauteilkühlung.
    Habe eine email an den Support geschrieben. Und habe eine Antwort bekommen. Mit einer Stl datei für die Führung der Luft. Fand ich echt klasse .

  • Habe gestern ein Live Video gesehen wo das Thermistor Problem immer noch besteht.
    Da wurde mit Ach und Krach 1 Benchiy geschafft und dann war Schluss.

  • Habe gestern ein Live Video gesehen wo das Thermistor Problem immer noch besteht.
    Da wurde mit Ach und Krach 1 Benchiy geschafft und dann war Schluss.

  • Na da hast du mit Deinem Modell offenbar Glück gehabt. Mein Benchy-Druck war eher eine Katastrophe. Besser wurde es erst, als ich die Geschwindigkeit deutlich gedrosselt habe.

  • Interessant bei dem Druckerlayout finde ich ja, dass das Bett (so sieht es zumindest aus), gar nicht nach vorn über das Gehäuse fährt. Ist das tatsächlich so?

    • @mehrwiedu Ja richtig, so habe ich das in Videos auch gesehen. Die haben das Gehäuse einfach so lang gemacht wie der maximale Verfahrweg vom Bett.

  • Danke für den Testbericht. Einerseits finde ich so ein aufgeräumtes Design schon gut, andererseits verbirgt es aber eventuell auch Dinge, die man in Bezug auf Wartung oder bei einer Fehlersuche gerne sehen möchte.
    In dem Preissegment gibt es natürlich einiges an gestandener Konkurrenz. Gerade auch wenn es um einen solch aufgeräumten Bettschubser geht ist beispielsweise der Ankermake M5C der direkte, und meiner Ansicht nach deutlich bessere und innovativere, Konkurrent. Auch ein Bambu A1 ist preislich ja nicht weit weg.

  • Schöner Bericht Stephan. Danke.

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