Lüfter-Latein
Wie funktionieren sie? Was ist drin? Laufen sie in Reihenschaltung? Diese Fragen tauchten an verschiedenen Stellen im Forum auf, und wir versuchen uns anzunähern.
Wie funktionieren Lüftermotoren?
Unsere Lüfter werden von Gleichstrommotoren angetrieben. Sie laufen in 3D-Druckern mit 12V oder 24V Gleichstrom.
Wir schauen uns hier zwei 12V typsiche Blower für je 1 – 2 Euro an, links „XINHUIDA“, rechts „OLEARN“.
Wir werden sehen, dass sie ähnlich, aber nicht gleich funktionieren.
Der klassische Gleichstrommotor
Bei einem „klassichen“ Gleichstrommotor mit Bürsten dreht ein Rotor mit zwei Spulen zwischen Nord- und Südpol eines festen Permanentmagneten, dem Stator. Die Stromrichtung in den Spulen und damit Nord- und Südpol des Rotors werden immer so getauscht, dass er sich durch Abstoßung und Anziehung zwischen den Rotor- und Stator-Polen dreht:Quelle: MichaelFrey, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>, via Wikimedia Commons
Dabei werden die Kontakte (golden) des Rotors durch die Drehung abwechselnd mit den Kohlebürsten (schwarz) des Plus- und Minuspols verbunden. Die Kohlebürsten schleifen über die Kontakte. Das Umschalten passiert immer genau im Totpunkt, wo der Rotor ohne Umschalten anhalten würde, weil der Nordpol des Rotors dort am dichtesten am Südpol des Stators wäre und umgekehrt.
Bürstenlose Gleichstrommotoren
Unsere Lüftermotoren sind bürstenlose Gleichstrommotoren. Sie sind also anders aufgebaut, hier der Xinhuida:Die Spulen sitzen innen fest, und der Permanentmagnet dreht sich um sie herum. Beim üblichen Blower sind es 4 Spulen, um die sich ein in den Rotor eingelegter 4-poliger Permanentmagnet-Streifen dreht. wir haben also doppelt so viele Pole wie beim klassischen Motor oben. Das Funktionsprinzip bleibt das gleiche. Im Totpunkt muss die Stromrichtung in den Spulen umgedreht werden.
Allerdings gibt es keine Bürsten. Wie auch? Die Spulen sitzen fest im Motorgehäuse, es gibt also keine Drehung, die sich für das Umpolen ausnutzen ließe.
Das Umpolen erledigt bei solchen bürstenlosen Gleichstrommotoren ein Chip.
Um sich die Chips anzuschauen, muss man die Motoren schlachten. Xinhuida Vorderseite:
An den rechten Kontakt unten sind zwei Drähte geführt, wenn man genau hinschaut:
Der Chip „276 QH27T“, für den ich kein Datenblatt finden konnte, hängt eingangsseitig am Anschlusskabel, also 12V + und -. Seine zwei Ausgänge schalten jeweils den „-„-Anschluss von jeweils zwei in Reihe geschaltete Spulen. Die „+“-Anschlüsse der Spulenpaare sind beide direkt mit dem Pluspol der Anschlussleitung verbunden. Der Chip schaltet die Spulenpaare abwechselnd ein, so dass immer nur durch ein Paar zurzeit Strom fließt, siehe dazu auch bei den Messungen unten.
Um im richtigen Moment umschalten zu können, muss der Chip wissen, wo genau der Rotor gerade steht. Bei diesem Chip ist zu vermuten, dass er dafür die Induktionsspannung der gerade nicht eingeschalteten Spulen auswertet.
Wer hier tiefer einsteigen möchte, findet in ATMELs Application Note „AVR440: Sensorless Control of Two-Phase Brushless DC Motors“ eine gute Einführung. Ich verlinke die Datenblätter hier nicht, weil Vermerke der Firmen dies auszuschließen scheinen.
Beim OLEARN läuft es etwas anders
Olearn Rückseite, Chip „OCS477H“ ‚hochgeklappt‘:
Hier ist der Chip eingangsseitig auch mit „+“ und „-“ des Anschlusskabels verbunden, an seinen zwei Ausgangsleitungen sind aber offenbar alle Spulen in Reihe angeschlossen. Der Chip verpolt die Spulen alle Viertelumdrehung.
Dieser Chip nutzt eine Hallsonde, also einen Magnetfeldsensor, zur Messung der Rotorlage, um den Umschaltzeitpunkt zu ermitteln. Unter „OCS477H“ lässt sich immerhin ein Datenbalatt eines mindestens ähnlichen Chips „AH477A“ finden.
Zusammengefasst, sehen unsere beiden Blower also schematisch etwas so aus:
Wer jetzt Blut geleckt hat und genauer einsteigen will, sucht im Internet z.B. nach „sensorless brushless dc motor controller“ und findet z.B.: „Novel motion sensorless control of single phase brushless D.C. PM motor drive, with experiment“, oder auf deutsch: „Sensorlose Ansteuerung von bürstenlosen Motoren“.
Was kann man messen?
Wir schließen den Xinghuida mit einem 1-Ohm-Widerstand in Reihe an 12V aus einem DC-Netzteil an und messen den Spannungsabfall über dem Widerstand, also den Strom, mit einem Oszilloskop.
Zusätzlich haben wir einen Streifen Reflextape quer über die Nabe des Rotors geklebt und messen die Drehzahl.
Unser Blower dreht also mit 9435/2 = 4718 U/min, da das Tape pro Umdrehung zweimal am Drehzahlmessgerät vorbeikommt. Das sind 4718/60=79 U/sec.
Wir erwarten, dass der Chip 4-mal pro Umdrehung, also 4×79 = 316 mal die Polung umschaltet. Genau gerechnet 9435/2/60*4 = 314,5 mal. Das Oszilloskop zeigt eine Frequenz des Stromsignals von 313,4. Das passt und wir sehen also pro Umdrehung 4 Abschnitte in denen der Strom leicht geschwungen, aber grundsätzlich konstant fließt. Dazwischen wird der Stromfluss jeweils abgeschaltet und aufgrund der Induktionseffekte fliesst der Strom sogar einen kurzen Moment rückwärts.
Hier nochmal das direkte Oszi-Bild mit dem Abschnitt einer Umdrehung. Der Lüfter dreht grad etwas schneller als oben:
Wir können auch sehen, dass der Strom abwechselnd zwei leicht unterschiedlich hohe Werte hat. Das bestätigt die Vermutung oben, dass beim Xinhuida zwei Spulensätze abwechselnd eingeschaltet werden.
Beim Olearn liegt der Stromverlauf dagegen immer auf exakt gleicher Höhe (gelbe Linie):
Parallelschaltung der Lüfter
Mit Blick auf die Schaltungen sollte es kein Problem sein, zwei Lüfter parallel zu schalten.
Strom (gelb) und Spannung (lila) der Xinhuida Lüfter 1 und 2 im Alleinbetrieb:
Wir sehen bei beiden Lüftern einen Strom von ca. 200mA (mit R=U/I, R=1Ohm zeigt das Oszilloskop etwas 200mV an), für beide Spulensätze leicht abweichend. Auf die Gleichspannung von 12V werden durch die Induktionseffekte im Umschaltpunkt kurze Störungen von ca. +/- 5V aufgekoppelt.
Parallelgeschaltet sieht es so aus:
Der Strom ist etwas doppelt so hoch, wenn die Spulensätze in beiden Lüftern gerade Strom haben und bricht beim Umschalten in einem Lüfter ein, also doppelt so häufig. Und wir sehen doppel so viele „Umschaltstörungen“ auf der Versorgungsspannung.
Für die Olearn-Lüfter ganz entsprechend:
Der Stromverlauf ist, wie oben schon erklärt, immer gleich hoch, weil alle 4 Spulen in Reihenschaltung laufen und als Ganzes umgepolt werden.
Und in Parallelschaltung auch ein ganz ähnliches Bild für die Olearn-Lüfter wie bei den Xinhuida oben.
Das Parallelschalten von Lüftern ist also insgesamt relativ problemlos, wenn der Lüfterausgang den doppelten Strom liefern kann.
Reihenschaltung der Lüfter
Für die Reihenschaltung zweier Xinhuida-Lüfter sieht es so aus:
Auf der Versorgungsspannung von jetzt 24V sehen wir auch in Reihenschaltung die Induktionsspitzen beider Lüfter. Der Strom liegt im Mittel wieder bei 200 mA.
Die Lüfter drehen auch genauso, wie jeweils an 12V.
Insgesamt scheint sich die Reihenschaltung tatsächlich ähnlich wie die Reihenschaltung von Widerständen zu verhalten, solange wir uns nicht die Spannung anschauen, die einer der Lüfter ’sieht‘:
Hier sehen wir, dass die Spannung zwischen 5V und 15V schwankt. Da die Ströme ja einen geschwungenen Verlauf haben und nicht in beiden Lüftern genau synchron laufen, verändert sich der Spannungsteiler aus den beiden Motoren ständig. Dazu kommen noch bis zu +/-10V Spannungsspitzen. Wie gut das den Treiberchips gefällt, bleibt offen.
Bei den Olearn sieht es völlig anders aus.
Sie drehen in Reihenschaltung für einige Umdrehungen an und bleiben dann wieder stehen. Schauen wir uns den Spannungsverlauf über einen Lüfter an:
Die Spannung steigt kurz für ca. 100µs auf volle 24V und fällt dann wieder für 200µs auf Null Volt. Achtung: die Zeitskala ist hier mit 100µs/Teilung einen Faktor 20 „schneller“ als auf allen Bildern oben (2ms/Teilung).
Wahrscheinlich entstehen Zustände, wo ein Chip gerade keinen Strom passieren lässt, wenn der andere versucht, seinen Motor zu drehen.
Fazit
Die Parallelschaltung scheint relativ umproblematisch, was aus dem Aufbau der Lüfter heraus auch logisch erscheint.
Bei der Reihenschaltung haben wir Probleme erwartet, da sich der komplexe Aufbau eines Lüfters aus Chip und Induktivitäten nicht mit einem ohmschen Widerstand gleichsetzen lässt. Was passiert, hängt vom Steuerungs- und Regelverhalten der Chips in den Lüftern ab.
So laufen die Xinhuida auch in Reihenschaltung, wenn auch mit starken Spannungsschwankungen für jeden der Lüfter, die Olearn laufen nicht.
Zwei 12V-Lüfter betreibt man an 24V besser definiert in Parallelschaltung und konvertiert dafür die 24V mit einem Step-Down-Wandler, einem Buck-Converter, auf 12V.
Ausblick
Soweit haben wir und die Situation an einer fixen Spannung von 12V bzw. 24V angeschaut. An einem PWM-Ausgang sieht die Sache völlig anders aus und ist Thema für einen nächsten Blogbeitrag.
Danke für diesen Beitrag grad für mich den König der Revolverschaltungen!
Vielen Dank! Ich freue mich schon auf Teil 2 🙂
Ich war vorletztes Jahr (vielleicht sogar schon 2018? Weiß nicht mehr) sehr angenervt von den billigen lauten Lüftern meines Tornados (der läuft auf 24V) und habe – ohne über die Problematik der bürstenlosen Motoren nachzudenken – mir zwei leise 12V Lüfter gekauft und sie in Reihe geschaltet. Laufen jetzt seit mindestens 1.5 Jahren.
Ja. Das scheint ein wenig Glückssache zu sein.
Vorhersagbar wäre es, wenn die Treiber in den Lüftern genau bekannt und dokumentiert wären. Man kann’s natürlich einfach ausprobieren. Bei den „Schüttgut“-Blowern oben war’s ja auch 50/50.
Und evtl. laufen auch die Olearn an PWM in Reihe, da sie ja nach dem Einschalten kurz losdrehen. Das probiere ist dann auch noch aus. Es würde dann nur schwierig, das zu erklären.
Die Schönheit der Welt entstehe ja aber auch immer ein wenig im Kopf des Betrachters. Und aus der Perspektive finde ich die Reihenschaltung nicht schön. Reine Pragmatiker probieren’s einfach und wenn’s läuft, ist’s gut.
Hab’s gerade gefunden… August 2018 gekauft… Die Lüfter sind’s: https://www.amazon.de/gp/product/B01HTN8XZE.
In der Control-Box des Tornados ist nicht wirklich viel Platz, und die Treiber haben häufig thermische Probleme (so auch die tmc2130, die ich damals drin hatte), abgesehen davon hab ich gar nicht darüber nachgedacht, dass bürstenlose Motoren anders arbeiten 😀 In meinem Kopf waren es Ohmsche Verbraucher, Punkt. Hätte es nicht geklappt, hätte ich mich gefragt warum und weshalb…
Seit 3 Jahren laufen sie, sind auch sehr leise. Gut, das ist der gesamte Drucker inzwischen, ich hab aber auch das Lautstärketuning recht exzessiv betrieben (Aufstellung auf Squash-Bällen, 5160er TMCs, alle Lüfter durch leisere Modelle ersetzt, für den Hotendlüfter einen Adapter entworfen, so dass dort ein 80er Pabst Lüfter läuft usw.). Man hört inzwischen kaum noch was 🙂 Der Saturn ist wesentlich – um Größenordnungen! – lauter, da muss ich auch noch die Lüfter tauschen. Und einen Abzug hinkriegen.