Creality CR-200B Pro – ein Würfeldrucker

Wie so oft wenn ich einen neuen 3D-Drucker in Würfelform sehe, musste ich auch beim CR-200B Pro von Creality zuschlagen. Das ist schon mal wieder ein typisches Creality-Gerät…

 

…und zwar aus folgenden Gründen: eine vorhandenes Gerät (CR-200B) nur etwas aktualisiert, ein komplett anderer Aufbau als alle anderen Creality 3D-Drucker, also zu keiner Serie passend, daher auch mit unklarer Zielgruppe. Das wird also ziemlich interessant, herauszufinden, ob der was taugt. Gekauft habe ich ihn von meinem eigenen Geld bei 3DJake.

Hier die technischen Daten, direkt von Creality:

Also nix wirklich spektakuläres, hier mal die Besonderheiten zusammengefasst:

– voll eingehaust, aber Filamentspule extern

– „Sprite“ Dual Gear Direktextruder, aber nur bis 260 °C

– X/Y-Mechanik im Ultimaker-Stil, also weder Makerbot noch Core XY

– relativ kleiner Bauraum von 200x200x220 mm^3

– relativ schwaches Netzteil mit 350W bei 24V

– Flexplate Bettauflage mit PEI-Folie, ziemlich dünn (je 0,3 mm)

 

Genug an rohen Daten, jetzt einige Bilder mit Erläuterungen:

Mit viel Schaumstoff sehr sicher verpackt.

Ansicht von vorne.

Und von oben auf die X/Y-Mechanik und den Druckkopf.

Rechte Seite mit den USB-Ports und dem Einschalter.

Rückseite mit Filamentsensor und Aufnahmeloch für den Rollenhalter, sowie der Stromanschluss.

Eine Menge an Zubehör inkl. 200 g PLA Filament und ein USB-Stick statt einer SD-Karte.

Die extrem kurze Anleitung ist ein Witz, die Aufkleber vielleicht noch für Kinder witzig.

Das ist der gesamte relevante Inhalt der Anleitung.
Genauerer Blick auf den Kopf, der im Ultimaker-Stil an zwei relativ dünnen Achsen hängt.

Und auf den Innenraum mit einer Z-Spindel und der dünnen PEI-Flexplate auf dem kleinen Heizbett.

Der extrem lange Druckkopf von vorne und von rechts.

Statt so viel Freiraum wären mehr Kühlrippen am Coldend sinnvoller gewesen.

So unsauber FDM-gedruckte Teile habe ich bei Creality noch nie gesehen:

Türsensor und Kabelführung am Kopf.

Brauchbares, blaues Menüsysystem auf dem 4,3″ Touchscreen.

Bei mir immer absichtlich auf Englisch, schlechtes Deutsch wäre viel schlimmer!

Alle wichtigen Grundeinstellungen haben ihre Menüpunkte.
Auch einen zum Reset auf Werkszustand und eine Info-Seite gibt es.
Die Dateiauswahl ist lächerlich: nach dem Auswählen wird nur ein blauer Rahmen um das Icon gezogen aber keine Datei-Infos angezeigt.
Leveln muss man auf jeden Fall zu allererst, das wurde ab Werk nicht gemacht: fast 1 mm Unterschied.
Immerhin kann man neben dem generellen Z-Offset auch die vier Ecken mit Schrauben leveln und das ABL „korrigiert“ dann noch etwaige Unebenheiten.
Anzeige während des Druckens.

Dabei ist einiges einstellbar.

Auf Anhieb saubere Druckergebnisse mit PLA: Fluss passt, Uwe’s 20 mm Testwürfel auch.
Auch der Ooze-Retraction Test zeigt keine Fehler.
Und das 3DBenchy kommt auch gut heraus.
Alle Drucke mit 0,20 mm Schichtdicke, 0,40 mm Linienbreite bei 60 mm/s Grundgeschwindigkeit.
Selbst das sehr weiche TPU 30D von Fiberlogy lässt sich drucken, wenn man es am Bowden vorbei zuführt.

Und wenn man den Fluss noch etwas weiter erhöht als ich es auf die Schnelle gemacht habe sind da auch keine Lücken mehr.

Hinter einem Metalldeckel auf der Unterseite liegt die gesamte Drucker-Elektronik, u.a. das Creality 350W / 24V Netzteil.
Ich kannte diese Mainboard-Variante bisher nicht.

Das scheint ein DWIN-Display zu sein, aber auch den Typ sehe ich zum ersten Mal.

  Und jetzt noch ein paar Ausdrucke mit PETG.

Auch einwandfrei.

Genauer: Extrudr X-PETG mit 0,20 mm Schichtdicke, 0,40 mm Linienbreite bei 60 mm/s.

 

Der Creality CR-200B Pro druckt, in guter Qualität, ohne Probleme, fertig.

Wie schon vermutet ist das jetzt kein Drucker mit wirklich besonderen oder gar innovativen Eigenschaften. Es ist einfach ein recht anständig aktualisiertes Modell.

Er ist voll eingehaust, fein.

Aber er hat kein Hochtemperatur-Hotend, kann also keine technischen Filamente wie z.B. Nylon. Schon bei reinem ABS wird es schwierig wegen des zu schwachen Netzteils. Er braucht nämlich schon bei PETG (230/75 °C) vier Minuten zum Aufheizen.

Er hat einen Direktextruder, gut, das ist bei mir Grundvoraussetzung für einen Kauf.

Dieser ist aber extrem lang: der Abstand zwischen Extruder-Ritzel und Düse beträgt 120 mm. Das ist die Ursache für die Probleme mit dem weichen TPU, das wird bei dieser Länge zu sehr gestaucht bzw. beim Rückzug gedehnt. Immerhin ist er ein Dual Gear mit großen Ritzeln, das entschädigt wieder etwas.

Er hat eine magnetische Flexplate mit PEI-Folie, was anderes wäre auch nicht zeitgemäß.

Aber diese ist sehr dünn: das Blech ist nur 0,3 mm stark, gebräuchlich sind ca. 0,5 mm, das wird also recht bald verbogen sein.

Das Vasen-Problem, das bei einigen älteren Creality-Drucker mit DWIN-Display genervt hat (Stottern und Pickel im Vasenmodus), tritt bei diesem Drucker zum Glück nicht auf.

Aber das DWIN-Display ist wohl nicht vollständig in den Griff zu bekommen: es gehen wieder keine Unterverzeichnisse auf dem USB-Stick, es muss alles im Hauptverzeichnis liegen. Und daß es nach der Auswahl einer Datei keine Datei-Infos inkl. des vollständigen Dateinamens gibt ist auch sehr schade.

Der Bauraum ist für diese Preisklasse arg klein, auch wenn Creality mit „260% des anderen voll-eingehausten Bestseller-3D-Druckers“ wirbt. Sie meinen damit den längst überholten Flashforge Adventurer 3. Im Vergleich zu dessen Nachfolger, dem Adventurer 4 hat der CR-200B Pro 20% weniger Bauraum. Im Vergleich zum Creality Sermoon V1 immerhin 74% mehr.

Fazit:

Mir fällt es schwer, den Creality CR-200B Pro irgendwo sinnvoll einzuordnen, jetzt wo es immer mehr schnelle Drucker, auch in Würfelform, teils auch vollständig eingehaust und viele andere offene Würfel, die in der gleichen Preisklasse oder sogar darunter liegen, gibt.

Ich würde den Creality CR-200B Pro zumindest dem Flashforge Adventurer 4 (gleiche Preisklasse) immer vorziehen, letzterer ist kein echter Würfel, sondern ein eingehauster Bettschubser und hat einen problematischen Bowden-Extruder.

Spätestens sobald die neue Qidi X-Serie 3 auf dem Markt ist (und gut funktioniert) wird es aber eigentlich kein Argument mehr für den CR-200B Pro geben, außer man will nix anderes als Creality.

Ich verstehe echt nicht, warum Creality so viele verschiedene Geräte und Serien auf dem Markt hat, die sich so grundlegend unterscheiden. Ist deren Hauptanliegen jede nur mögliche Nische abzudecken? Das hat schon so mancher Firma irgendwann den guten Ruf gekostet.

Also: der Creality CR-200B Pro ist wirklich kein schlechter Drucker, aber das Preis/Leistungsverhältnis passt im Jahr 2023 einfach nicht mehr.

 

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Hier gibt es Ihn zu kaufen: https://tidd.ly/3HMrRj8 (3DJake)

9 Kommentare

  • Ist bestimmt so teuer, weil es Ultimaker-Style ist. Das kostet halt 🙂
    Wobei es das ist, was mir den Drucker sympathisch macht. Ich mag das. Finde ich wesentlich besser, als z.B. die Makerbot-Variante

  • Schöner Bericht. Danke dafür. Aber ich frage mich gerade, was an dem Pro bedeutet (außer dem Preis)? Eigentlich ist es ja lustig, wenn ein Hersteller von 3D Druckern nicht in der Lage ist, die Plastikverkleidungen in einer guten Qualität zu drucken. Aber bei dem Preis ist das einfach nur traurig
    Ansonsten Standard Kost, nix weltbewegendes. Bei Creality läuft irgendetwas schief. Masse verkauft Masse, scheint hier wohl bei der Produktrange von Creality angesagt zu sein.
    Der Qidi X-Plus 3 wird da sicherlich deutlich besser sein.
    Bei dem Preis könnte man sich auch einen P1P überlegen.
    Ja der ist nicht komplett geschlossen, aber das ist ja machbar und der ist der deutlich bessere Drucker.

  • Ist auch gleich ein stattlicher Preissprung zum CR200B (ohne pro). Der war zumindest seinerzeit noch recht günstig als einer der ersten voll eingehausten Drucker.
    Mich wundert es ja, das Anycubic da nicht mitzieht. Schlieslich hatten die mit dem 4max pro und pro 2 auch mal eine vorreiter Position.
    Seit dem Qidi i-mates ist die Überlegung dahingehend fast überflüssig gewesen, der ist aber leider nicht mehr in der neuen Reihe vertreten.

    Mittlerweile wird man ja mit den voll eingehausten Druckern förmlich überschüttet. Da ist dann nur wieder die Frage, wer ist Leistungsträger und wer Mitläufer.

  • Nachtrag: Bilder von PETG-Ausdrucken.

  • Ich kann mir die Modellpolitik von Creality nur so erklären, dass sie inzwischen (?) viele Drucker nicht selbst entwickeln sondern zukaufen. Es lohnt sich vielleicht für eine kleineren Firma, ihr fertiges Gerät über Creality zu vertreiben. Vielleicht sogar die Teile zu liefern.

    Falls sich ein Modell nicht gut verkauft hat Creality für die Entwicklung immerhin nichts bezahlt. Modellpflege für ältere Modelle und Service machen sie ja ohnehin nicht. Deshalb so viele Modelle. Schrotschuss-Technik.

    Der CR-200B Pro (749 €) kollidiert mächtig mit dem sogar günstigeren K1. Da es den 200er quasi schon gab (aktuell 280 €) werden sie ihn vielleicht unterhalb des Spitzenmodells K1 positionieren. 650 € für einen K1 sind in vielen Teilen der Welt sehr viel Geld.

    • Ich glaube, daß es den CR-200B (Pro) nur noch so lange geben wird, wie noch bereits produzierte am Lager sind.

      • Das könnte auch sein. Die letzte Charge wurde noch auf Pro hochgestuft um einen deutlich höheren Preis zu erzielen.

        Die allerletzten werden dann zum Sonderpreis abverkauft wie gerade der Ender 7.

  • Ich hatte schon gedacht, bei Dir stimmt was nicht?!? Schon 2 oder 3 Wochen keinen neuen Drucker!
    Nun ist doch alles wieder in Ordnung! Super Bericht! 🙂

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