Brother Scan’nCut SDX1350 – der etwas andere Hobbyplotter

Viel Licht aber auch Schatten habe ich gefunden in meinem Test mit dem Brother Scan N Cut SDX1350.. Vorsicht, der Text ist lang… Der Bericht liegt jetzt hier schon gut 1 Jahr auf Halde, ist aber irgendwo doch noch relevant, also poste ich ihn jetzt doch, statt ihn zu löschen..

Dieser Bericht ist von niemandem gesponsort. Ich habe das Gerät bei Hobbyplotter.de mit eigener Kohle gekauft, er kostet dort 499,- Euro.

Brother kenne ich seit Anno dazumal als zuverlässigen Hersteller von Laserdruckern, gerade auch deshalb immer gerne empfohlen, weil die „damals“ zumindest immer faire Tonerpreise hatten und sich generell recht kundenfreundlich zeigten – so habe ich das zumindest noch im Gedächtnis.

Es gibt aber auch eine Nähmaschinensparte von Brother, da geht es um Näh-& Stickmaschinen und zu dieser Sparte gehören auch die ScanNCut Maschinen. Da läuft der Hase wohl ein bissel anders. Etwa so:

oder hätte ich das jetzt erst als Sticker ausschneiden sollen? Na, mache ich vielleicht noch.

Die Nähe zur Stoffverarbeitung merkt man den ScanNCuts auch an: an Austauschformaten mit Stickmaschinen, mehr Zubehör für Stoff/Textilveredelung, Funktionen wie eine automatische Nahtzugabe, sehr prominent gehaltenen Vorlagen für Flickendecken. Sachen, mit denen ich absolut nichts anfangen kann.

Das Erste, was mich bei der Suche nach einem ScanNCut für mich bzw. meinem Bedarf an einem guten Folienschneider doch sehr frustriert hat, ist der nahezu undurchdringliche Dschungel an Modellbezeichnungen, Varianten und Sondermodellen multipliziert mit der Tatsache, dass Brother in jeder Verkaufsregion der Welt unterschiedliche Bezeichnungen für ein und dasselbe Gerät verwendet, was die Recherche auf YouTube nicht erleichtert.

Dazu bin ich auf der Brother Sewing Machines USA Seite geblocked. Kurios.

 

ScanNCut Modellchaos entschlüsseln

Vor ein paar Jahren fand ein genereller Modellwechsel statt, Es sind weiterhin noch eine bunte Mischung an Geräten jeden Alters im Markt.  Die damaligen Geräte der CM Serie wurden durch Neuauflagen in der DX Serie abgelöst. Wohl weil ScanNCut DX etwas sperrig war, hat sich auch die Abkürzung SDX eingebürgert und meint das selbe.

Ich fasse mal zusammen:

  • CM = alte Modelle. Kein Autoblade, schlechtere Displays, kein Wifi.
  • DX oder SDX = die neueren Modelle mit Autoblade

Innerhalb der SDX Reihe unterscheiden sich die ScanNCut im Grunde in Nebenschauplätzen:

  • die Möglichkeit, Daten mit einer Stickmaschine auszutauschen. Wer so eine hat, für den ist das wahrscheinlich essenziell.
  • Größe des Displays. Dadurch, dass sehr viel am Gerät gemacht werden kann (muss), ist die Displaygröße nicht ganz unwichtig.
  • das kostenlos mitgelieferte Zubehör.
  • und die Anzahl an mitgelieferten Schriftarten, Designs und Cliparts. Dazu komme ich gleich noch.

Korrigiert mich bitte, wenn ich mich hier irre:

Modellbezeichnungen hier in Europa der ersten Generation der DX Serie hatten überwiegend 3 bis 4-stellige Modellnummern (SDX900, SDX1200, SDX1300, SDX1500, SDX2200D), größere Nummern meist mit mehr Zubehör.

Um 2022 gabs ein Refresh mit besserem Scanner und die Modellnummern endeten nun auf 50, z. B. SDX950, SDX1250, SDX1350, SDX1550, SDX2250D)

Und für Modelle, die kostenlose Disney Designs enthalten, wurde hinten noch ein D hinzugefügt: SDX2250D ist das Modell mit dem meisten Zubehör und mit Disney; SDX2200D sein Vorgänger, auch mit Disney. Tatsächlich schneiden tun sie alle gleich.

(un-)verständliche Faszination mit „Cliparts“

Das mit den mitgelieferten Designs ist auch kurios. Ich hatte ja zuerst gedacht: wieso macht man das, ich kaufe doch auch kein Drucker, nur weil da jetzt 200 Cliparts und ganze 10 Schriftarten mehr beiliegen als auf dem günstigeren Modell, das Clipartzeug ist doch völlig Banane.

Bis mir aufgefallen ist: Ich kann die Vorlagen auf dem Gerät nicht wirklich frei verwalten. Erweitern geht nur etwas von hinten durch die Brust ins Auge über einen angeschlossenen USB-Stick.

Jetzt muss ich ausholen:

Eines der zwei Alleinstellungsmerkmale eines ScanNCuts ist die Tatsache, dass ich für viele Aufgaben gar keinen PC brauche, ich kann ein Projekt von Design bis Schnitt direkt am Touchscreen erstellen. Dazu hätte ich gerne ein möglichst großes Display und .. aha! .. dazu will man möglichst viele Designs, Cliparts & Schriftarten, und schon ist die Anzahl der vorinstallierten Sachen plötzlich wichtig. So kann es dann Sinn machen, das Gerät mit den meisten Cliparts zu kaufen und sich für 29,- bis 79,-  Euro zusätzliche Cliparts oder eine Handvoll Schriftarten nachzukaufen.

Soweit ich das gesehen habe, sind die mitgelieferten Designs nur für die eigene, rein private Nutzung lizenziert, und gerade bei den Disney Designs ist in Hinblick auf Lizenzrecht überhaupt nicht zu spaßen. Die Designs sind zudem voll auf den US-Käufer ausgerichtet: Englisch & Baseball, nicht Deutsch und Fußball, ist hier angesagt.

Für die rein private Nutzung finde ich den Preis der Cliparts übrigens sehr hoch. Mein Lieblingsthema, ich bin schon wieder am Meckern über die Preise. Sorry. Wird bestimmt wieder vorkommen.

Die ScanNCuts hätten viel mehr Nutzen für mich, wenn eine freie Organisation der Designbibliothek, Bestückung mit eigenen Vorlagen, Projektablage komfortabel möglich wäre. Von diesem Aspekt her hatte ich mir mehr von dem Gerät erhofft.

Jetzt kann man natürlich sagen: Ok, das ist einfach das falsche Gerät für dich/mich, aber so einfach ist es halt doch wieder nicht – und jetzt greife ich dem Fazit schon mal vor: Das, was ich mit dem ScanNCut machen kann, macht er ausgezeichnet. Und er kann da auch nicht weniger als die Konkurrenz. Die ganzen anderen Funktionen kann man ja ignorieren. Der Knackpunkt ist am Ende wohl der (Auf-)Preis und der Gesamteindruck, den das Gerät macht.

Gekauft habe ich letztendlich den SDX1350..

Wieso SDX1350 und keinen anderen ScanNCut?

Ich habe mich dafür entschieden, ein aktuelles Modell aus der SDX**50er Serie zu kaufen, die CM Modelle und SDX*00 waren damit raus.

  • Das Einstiegsmodell SDX950SX hat ein winziges Display, kein weiteres Zubehör (Standard Autoblade & Standard Matte ist immer dabei) kostet etwa 390,-
  • SDX1250 (kaum noch irgendwo lieferbar, 599,-), SDX1550 (599,-), SDX2250D (750,-) haben eine Kombination aus Rollmesser, Stoffschnitt- & Bügelfolie, Stifthalter und Stifte, extra Schneidematten, damit kann ich wenig anfangen und teurer sind sie auch als der:
  • SDX1350 (499,-), der kommt mit einem kostenlosen Spezialmesser für Vinyl und dem Freischaltcode (siehe Fingerkribbeln) für den Entgitterrahmen & die Kachel-Funktion (= übergroße Designs auf mehrere Matten aufteilen lassen) in der Software zusätzlich, dazu die leicht klebende Matte eben für Folien und Papier/dünnen Bastelkarton statt der sehr stark haftenden Standardmatte. Also quasi: in diesem Modell hier geht es erst mal mehr ums Papier & Folienschneiden als um Stoffbearbeitung.

Vinylmesser-Kit als kostenloses Zubehör beim SDX1350:

 

Jedes dieser Zubehör-Kits kann man sich natürlich zu jedem Plotter der SDX Reihe auch zusätzlich dazu kaufen, die Preise haben es aber in sich: Das Vinylmesser Kit kostet 59,- Euro. Damit wäre das Set aus SDX950SX plus Vinylmesser zwar immer noch billiger gewesen als der SDX1350, aber es bleibt die falsche Matte, das kleinere Display und weniger Cliparts.

 

Jetzt kribbelt es mir wieder in den Fingerspitzen:

Apropos Vinylmesser: Zum Folie schneiden nutzt man gerne einen sogenannten Entgitterrahmen. Das kann man selbst einzeichnen, keine Frage. Bequemer ist es, das automatisch machen zu lassen. Brauche ich ein Vinylmesser oder möchte einfach nur den automatischen Entgitterrahmen mit dem mitgelieferten Standardmesser nutzen, dann reicht es nicht, einfach nur das Vinylmesser+Halter zu kaufen, nein, ich muss das teurere Vinylmesser-Starter-Kit kaufen, weil nur da liegt ein Freischaltcode für die Funktion in der Software bei. So ähnlich funktioniert das auch mit den anderen Upgrades.

Mein persönliches Highlight: Die Funktion „erweitertes Bildtracing“ bekomme ich nur, wenn ich eine der zwei inzwischen offiziell abgekündigten „Premium Clipartsammlungen“ nachkaufe (29,- bzw. 79,- Euro – nur noch Restposten im Handel).

Ich denke, ihr erkennt das Muster: fehlende Softwarefunktionen kann man nur Freischalten, indem man nicht gerade günstige Erweiterungspakete dazu kauft. Ich würde weniger rumheulen, wenn es einen Lizenzshop geben würde, wo ich die Funktion einfach online gegen Gebühr freischalten könnte.

 

Nachdem diese Kleinigkeit geklärt ist, gehen wir mal an den eigentlichen

Brother Scan ’n Cut SDX1350 Testbericht

 

 

Merkmale:

  • 5″ Farb-Touch Display, Winkelverstellbar / einklappbar
  • Echter Scanner im Geräteboden verbaut, 600dpi, 30.5x61cm maximale Vorlagengröße bei Verwendung der optionalen doppelt langen Matte, 30,5×30,5 cm mit den mitgelieferten Matten.
  • Scan to Cut inklusive, Print to Cut kostet wieder 29,- Euro Aufpreis
  • nur ein Werkzeughalter. Kombinationen wie Zeichnen & Schneiden, Prägen und Schneiden muss man also immer separat anstoßen. Das ist ein Nachteil.

  • Schnitt bis 30,5 x 30,5 cm mit der mitgelieferten Standard Matte, bis 30,5 x 61 cm mit der optional erhältlichen langen Matte, mit Rollenhalter überraschend knappe 30,5 cm x 2 m (unbestätigt – ich habe erst bis 90cm getestet).
  • Mattenloses Schneiden über den optionalen Rollenhalter
  • bis 3 mm Materialstärke, höhenverstellbare Mechanik
  • maximale Schneidekraft bis 1,26 kg. Nicht viel, aber für meinen Bedarf langt das. Zum Vergleich Cameo 4: bis 5 kg.
  • leise Servomotoren – sagt die Werbung.
  • für Vinyl, Papier, Mylar (toll um eigene Airbrush Schablonen zu erstellen), mit zusätzlicher Standardmatte dann auch: Pappe, Moosgummi, Filz, Stoff, Leder
  • 2 USB-Ports: einer zur üblichen Direktverbindung mit dem PC, der andere als Steckplatz für einen USB-Stick (letzter kann als Datengrab oder zum Dateitransfer fürs Offline Plotten genutzt werden).
  • Wifi Verbindung: alle SDX Geräte können sich zwecks Übertragung des Druckjobs über das heimische WLAN mit der Brother Cloud verbinden. Wichtig: das ist keine Verbindung zum PC, es geht hier rein um einen Datenaustausch von PC über Cloud zum Plotter oder andersherum: Plotter zu PC. Ich kann den Plotter vom PC aus nicht steuern, wir schieben nur die Jobdateien hin und her.
  • Neben der eingeschränkt kostenlosen Windows & Mac Software Canvas Workshop Desktop gibt es auch eine Canvas Workshop Web-App, die man mit dem Smartphone- oder Tablet-Browser dank sinnvoller Skalierung & responsive UI Design auf den unterschiedlichen Displays soweit relativ gut nutzen kann, damit existiert also ein brauchbarer App-Support.
  • Eingebautes Netzteil, Kabel mit Schuko-Stecker auf der einen Seite und dem seltenen Kleeblattstecker auf der anderen Seite.
  • Mehrere Staufächer im Geräteinneren

 

Lieferumfang des SDX1350:

Grundsätzlich unterscheiden sich die SDX Modelle im Lieferumfang, hier bei meinem SDX1350 lag bei:

  • Standard Schleppmesser als echtes Autoblade: das heißt konkret: der SDX kann die Dicke (und angeblich auch die Härte) des Materials ausmessen, stellt dann basierend auf meiner Auswahl Halbschnitt oder komplett Durchschneiden völlig automatisch die korrekte Tiefe des Messers ein. Das klappt in den allermeisten Fällen völlig problemlos, wenn es mal klemmt, kann man über Anpressdruck und Geschwindigkeit noch nachjustieren, aber in aller Regel brauche ich mich darum nicht zu kümmern, das macht die Benutzung eines SDX eben bequem und einfach.
  • Vinyl-Spezialmesser auch als echtes Autoblade, inkl. Softwarefunktion Entgitterrahmen hinzufügen
  • Eine Schneidematte 30,5 x 30,5 cm leicht haftend, die passende Matte für Vinyl und Papier und andere eher dünne Materialien.
  • 17 Schriftarten und 1303 Cliparts für die Nutzung direkt am Gerät oder in Canvas Workshop
  • Muster Projekt-Kit: kleine Geschenkbox (Schnittvorlage, ein Stück Bastelkarton, Anleitung)
  • ein Plastik-Spatel (wie er früher beim Schöller-Eis immer dabei war) und ein Stylus, wenn die Bedienung mit dicken Fingern schwerfällt.
  • gedruckte deutsche Kurzanleitung
  • sehr ausführliche Dokumentation in Deutsch als PDF auf der Homepage
  • Zusätzlich legte mir mein Verkäufer Hobbyplotter.de noch eine Folienwundertüte mit 10 zufälligen Folien aus dem PlottiX Lieferprogramm dazu.

Wieder ein Kuriosum, es reißt nicht ab an Kuriositäten: Hier kann aber wohl Brother nicht wirklich was zu: Ohne das Folienpaket ist der Preis im selben Shop 176,- Euro teurer. Hier, ich schenke dir 176,- Euro, wenn du mir eines dieser Folienpakete abnimmst? So weit gehe ja noch nicht mal ich, wenn ich einen Drucker loswerden will. Oder hat das was mit einer Preisbindung und deren kreativen Umgehung zu tun? Ne, bestimmt nicht. Der Straßenpreis ist aber tatsächlich eher bei 499,- als bei den 649,- Liste. Das Spiel gibts auch bei den anderen dort lieferbaren Scan ’n Cut Modellen. Lieferung erfolgte übrigens super schnell am nächsten Tag.

Die zwei Trümpfe eines Brother Scan ’n Cut

1) Plotten ganz ohne PC

Kompletter Design Workflow direkt am 5″ Farb-Touch Display des SDX möglich, von der Erstellung bis zum abschließenden Schnitt ohne PC. Da hatte ich ja in der Einleitung schon was dazu erzählt. Manchmal geht es etwas eng zu, aber meist lässt sich das mit dem Finger gut bedienen, zur Not liegt ein Stylus bei. Man darf hier jetzt keine Designfreiheiten wie bei einer Designsoftware am PC erwarten, hier geht es darum, Cliparts aus der Sammlung auf dem Gerät zu platzieren, eventuell noch Text mit den mitgelieferten Schriftarten dazu zu setzen. Zusätzlich noch gescannte Objekte und eine Datei, die man vom PC übertragen kann gehen auch, aber der Punkt wo ich hin will: Das fühlt sich nicht wirklich an, wie was selber zu designen, sondern einfach nur vorgefertigte Objekte zu positionieren.

2) Scan & Cut und Print & Cut mit einem Brother SDX:

Aktuelle SDX Modelle verfügen über einen „richtigen“ Farb-Scanner mit einer Auflösung von 600 dpi und erlauben je nach verwendeter Matte eine Vorlagengröße bis 30,5 × 30,5 cm mit der Standardmatte oder 30,5 × 61 cm mit der langen Matte.

Mit den optional erhältlichen Scan Matten können auch empfindliche Vorlagen gescannt werden, die man nicht auf eine normale und somit klebrige Schneidematte packen möchte.

Scan & Cut

Beim Scan & Cut wird die eingelegte Matte in Farbe oder SW gescannt. Es geht jede SDX, es muss nicht die spezielle Scan-Matte sein. Auf der Matte kann irgendeine von irgendjemand erstellte, scanfähige Vorlage sein – eine Zeichnung, ein Logo, Schriftzug oder auch ein Foto. Das können aber auch einfach nur die Folienreste sein, die wir auf einer Schneidematte aufgeklebt haben.

Den Scan kann man nun

  • als Hintergrundbild zum Anordnen der Designelemente verwenden – ideal, um sehr exakt zu positionieren oder um unregelmäßig geformte Folienreste aufzubrauchen. Das geht so schnell und so bequem, dass ich diesen Schritt bei jedem Job ausführe, bei dem ich nicht 101 % sicher bin, dass mein Design korrekt platziert ist. Folie kost auch Geld.
  • oder man nutzt den Scan, um von der Plotter-Software automatisch die gescannten Motive erkennen und weiterverarbeitbare Schnittrahmen erstellen zu lassen.

Die Scan&Cut Funktion war lange namensgebendes Alleinstellungsmerkmal für die ScanNCut Geräte. Inzwischen hat die Konkurrenz etwas nachgezogen: mit speziellen PixScan (Silhouette) bzw. SnapMat (CriCut) Matten und der Kamera eines Smartphones kann man ähnliche Ergebnisse erzielen. Das Prozedere ist allerdings deutlich aufwändiger und fehlerträchtiger als mit dem eingebauten Scanner der Brother Plotter.

Print & Cut

Fast alle Plotter der bekannten Hersteller bieten heute Print & Cut, auf den Brother Geräten muss es leider erst kostenpflichtig freigeschaltet werden (29,- Euro). Eigentlich ist Print & Cut auf den Brother Geräten mit Scan & Cut verzichtbar.

Anders als im Scan & Cut Verfahren muss die Vorlagen zunächst in der Plottersoftware angelegt werden, daraus wird einmal eine Druckvorlage und eine Schnittvorlage erstellt. Die Druckvorlage muss zusammen mit von der Software hinzugefügten Registriermarken mit einem Drucker auf dem zu schneidenden Material ausgedruckt werden. Dann wird der Druck in den Plotter eingelegt. Die Print&Cut fähigen Plotter verfügen über simple Sensoren, um die Registriermarken zu erkennen und so die Schnittvorlage passend an den Marken auszurichten.

Ohne Frage: Print & Cut ist toll, aber Scan&Cut ist flexibler und bequemer.

Brothers Plottersoftware Canvas Workshop

Das ist leider der Schwachpunkt an diesem sonst sehr tollen Gerät. Erhältlich für Windows & Mac als native Anwendung oder auch als Web-App mit ähnlichem Funktionsumfang wie die Desktop-App. Ist damit auf jedem Browser, Smartphone oder Tablett mit Internetzugang nutzbar. Ich schrieb „ähnlichem“ Funktionsumfang, tatsächlich ist es so, dass gelegentlich Sachen mal nur im Desktop, nur im Web oder nur direkt am Gerät verfügbar sind. Teilweise geht es hier meiner Meinung aber auch ums Thema DRM.

Canvas Workshop ist im Vergleich mit Silhouette Studio, CriCut Design Space und xTools XCS 2.0 die schwächste Software. Optik und UI gehen tatsächlich in Ordnung, es ist auch gut überschaubar und erlernbar, aber es fehlen doch einige nützliche Funktionen, die sich auch gegen Geld nicht nachrüsten lassen. Anscheinend tut sich in der Weiterentwicklung der Software auch nicht mehr viel, die neueste Version war von 2022.

Wenn man böse sein wollte, könnte man sagen: Das ist ein Clipartbrowser, dem ein paar Zeichenfunktionen angeflanscht wurden. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Präzises Platzieren von Objekten ist mühselig. Immerhin hat er einen Node Editor zur Bearbeitung der Vektoren.  Im Bereich Texte fehlen brauchbares Kerning, Transformation und Glyphen.

Die Tracing-Funktion zum Umwandeln von Pixel-Bildern in Vektoren ist zu simpel gestrickt; die Ergebnisse fielen in meinem Test mehrmals nicht ganz so gut aus wie bei der Konkurrenz. Das optional erhältliche „erweiterte Bildtracing“ ändert daran nicht viel, aber es erlaubt, die Motivauswahl genauer spezifizieren zu können.

Weitere Zusatzfunktionen in der Software müssen durch Kauf eines entsprechenden Werkzeug-Kits freigeschaltet werden. Grob überschlagen wird die Software damit teurer als die große Silhouette Studio Version, erreicht jedoch nicht annähernd deren Leistung.

Was man Canvas Workshop zugutehalten muss, ist der kostenlose SVG-Import, den Export sucht man aber vergebens. So gesehen sind die eigenen Designs auch bei Brother gefangen – wie bei CriCut auch, denn es gibt kein universelles Exportformat. DRM mal wieder?

Ein Adobe Illustrator Plugin ist für 29,- Euro erhältlich und erlaubt den Upload der Jobs ohne Canvas Workshop.

 

Der Workflow mit Canvas Workshop

hier habe ich mich tatsächlich komplett vertan. Ich hatte erwartet, ich bekomme über die Wifi-Verbindung eine komplette Fernsteuerung des Plotters vom Desktop aus. Mache hier am PC alles fertig, drücke auf Start und mein SDX mit der zuvor eingelegten Matte wirft mir das fertige Endprodukt aus, bis ich in den Druckerkeller geschlappt bin.

Dem ist nicht so.

In der Praxis sieht es so aus, dass ich ein Design am Desktop erstelle, nur das Design, dann drahtlos über die Cloud an den Plotter schicke, um dann am Display des Plotters die Jobkonfiguration abzuschließen und bei Bedarf auch in mehrere Prozessschritte aufgeteilt dann zu starten. Ich verbringe also deutlich mehr Zeit am Plotterdisplay als erwartet.

Auch interessant: ich kann immer nur den gerade geöffneten Job online übertragen.

Aber immerhin: der Transfer der Jobdaten lief bisher zu 100 % zuverlässig und richtig schnell. Ich kann im Büro am Rechner arbeiten und dann im Keller plotten, ohne dass unten ein PC stehen muss, ja nicht mal das Smartphone muss ich mitnehmen.

Und sonst so

Das Gerät wirkt recht wertig, das Gehäuse durchaus ansprechend und auch die Haptik stimmt. Mit 6 kg ist es auch kein Leichtgewicht. Beim SDX1350 verzichtet Brother auf unnütze Verzierungen. Da klappert nix, nix wirkt billig, nix verbiegt sich. Auch die Mechanik ist ordentlich.

Das Betriebsgeräusch ist tatsächlich nicht sehr laut. Viel leiser als der zuletzt getestete Cameo 4. Wir sind von unseren Druckern wohl sehr verwöhnt inzwischen; ich würde hier anders als überschwängliche Influencer nicht von flüsterleise sprechen. Er schneidet in seiner Standardeinstellung auch sehr flott, zumindest mit den normalen Schleppklingen, bei den anderen Messern weiß ich es nicht, weil ich keines habe.

Die Staufächer bieten Platz für einiges an Zubehör, zusammengeklappt ist er auch noch halbwegs kompakt und kann so bequem irgendwo verstaut werden.

Gut gefällt mir auch, wie problemlos der Brother die Matte einzieht. Auch ohne die „Zeitverzögerung“ eines Cameo 4 klappt das durch klar definierte Anlegepunkte auch einhändig wirklich einfach, trotz der nicht gerade berauschenden Schneidematten von Brother.

Das Problem mit den Brother SDX Matten ist, die sind recht dünn und hart, eher eine dünne Plastikplatte als klassische selbstheilende Schneidematte. Vermutlich weil es die bisher nur von Brother und nicht von Drittanbietern gibt, sind die auch extrem teuer: ca. 20,- Euro pro Schneidematte. Zum Vergleich 3 Matten für den Cameo hatten mich 8,- Euro gekostet, 3 Matten für den xTool 13,- Euro. Brother hätte gerne 20,- Euro für eine Matte und dann sind die Matten auch noch eher mau.

Zubehörangebot:

Das Zubehörangebot in der ScanNCut DX Modellreihe ist umfangreich, von diversen Messern (Roll, Tief, Manuelles-Messer), über Stift- & Rollenhalter, zu Strasssteine Kits, Stempel Kit, Lochmuster-Nadel, Prägewerkzeug wird recht viel angeboten, getoppt wird das glaub nur noch von CriCut, aber die Zubehörpreise von Brother sind eher teuer.

Dazu gibt es eine Auswahl an, wie ich finde, schön gemachten Projekt-Kits. Die enthalten alles Material, um ein bestimmtes Projekt zu basteln, inkl. Designs, Schnittvorlage, das Rohmaterial und eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie man es verwirklicht.

 

Mein Ersteindruck zum SDX1350:

 

Was mich am meisten stört

an den ScanNCut Geräten ist Brothers, ich nenne es jetzt mal kundenfeindliche Lizenzpolitik und meine damit:

  • das Vermischen von Softwarefeatures mit Hardware oder Clipart Bundles
  • Aktivierungscodes für Zusatzfunktionen sind an ein Gerät bzw. Nutzer gebunden und entgegen geltendem EU-Rechts nicht auf andere Konten übertragbar.
  • die wenig nachvollziehbaren Beschränkungen, wie und wo ich meine bezahlten Erweiterungen dann nutzen „darf“.
  • kein universelles Exportformat (kein SVG und kein DXF)
  • und das teilweise echt lästige Kuddelmuddel, das sich daraus ergibt.

Nehmen wir ein ganz konkretes Beispiel, ich kaufe mir das Kalligrafie-Starter-Set.

  • Den Freischaltcode dafür kann ich nur auf ein Gerät anwenden. Was ist, wenn ich 2 Brother SDX Geräte habe oder mein Gerät geht kaputt? Zweimal kaufen?!
  • Das Kalligrafie-Kit ist ausschließlich direkt am Gerät über das Display nutzbar, es kann weder in der Desktop-Version noch in der Web-App irgendwie genutzt werden.
  • Ein Design, welches Kalligrafie Elemente enthält, kann ausschließlich nur in diesem freigeschalteten Gerät gespeichert werden. Warum darf ich das nicht am PC sichern?
  • die Schrift & Designs, die zu diesem Kit gehören, kann ich nur in der rudimentären Dateiverwaltung eines angestöpselten USB-Sticks ablegen. Schon nach wenigen Tagen sah das bei mir auf dem Stick aus wie Kraut und Rüben und so landen wir wieder bei den unzureichenden Möglichkeiten, seine Designs zu verwalten/organisieren.

Das ist in meinen Augen die bittere Pille, die man bei Brother schlucken muss. Das hat so etwas einen Hauch von Gängelung durch DRM oder ist es Gewinnoptimierung? Ich weiß es nicht. Der Rest: schwache Software, nicht so tolle Matten, hohe Zubehörpreise ist irgendwo Mäkeln auf hohem Niveau.

Was mir gut gefällt:

  • Die Scan-Funktion gefällt mir richtig gut. Nicht für Scan & Cut, ne, es geht mir um das Positionieren auf den Folienstücken auf der Matte. So gehen auch Mehrfarbenjobs in einem Rutsch. Beim xTool M1 Ultra nutzte ich dazu den Kreuzlaser zum Erfassen. Hier, mit dem Scanner geht es tatsächlich noch bequemer. Das ist eine Top-Funktion.
  • Das Automatikmesser. Ein richtiges Automatikmesser, das das Material misst und selbst die passenden Einstellungen findet. Der xTool M1 Ultra hatte das auch – sehr angenehm.
  • die Schnittqualität mit meiner kleinen Auswahl an Permanent-Vinyl und ein paar HTV Folien ist einwandfrei. Die fand ich aber auch bei meinen anderen Kandidaten gut.
  • Hochwertiges Gerät mit relativ gemäßigter Geräuschkulisse
  • Trotz der Einschränkungen: die Nutzung ohne PC im selben Raum, funktioniert zuverlässig und gut – auch wenn ich irgendwie andere Funktionalität erwartet hätte.
  • Die Designfunktion am Gerätedisplay ist nett, aber für mich tatsächlich wenig praxisrelevant.

 

Wo liegen wir nun? 

Ich hänge doch noch ein bissl am xTool M1 Ultra (Testbericht).. aber nur als Plotter ist der einfach zu teuer und zu groß – und Laser habe ich so viele, ich weiß nimmer wohin damit. Keine Rollenhalter und seine Print&Cut Implementierung ist dazu etwas speziell.

Silhouettes Cameo 4 (Testbericht) ist ein Preisbrecher, entsprechend kann man da etwas Abstriche machen –  muss man aber nicht, denn an Schnittleistung, Ausstattung gibt es nicht auszusetzen und der hat die leistungsfähigste Software bisher. Selbst das neue Nachfolgemodell Cameo 5 ist über 100,- Euro günstiger. Aber bei Silhouette komme ich einfach nicht über das fehlende Remote Arbeiten hinweg. Ich will da keinen PC hin stellen müssen.

Platzhirsch CriCut soll ja auch prima über Tablett bedienbar sein, aber ich habe so keine Lust auf das Abo mit seinen 10,- Euro im Monat.. überall nur noch Abos: Adobe, Microsoft, meine IDEs, haste nicht gesehen, alles geht nur noch mit Abo – womöglich jahrelang und gefangen in der CriCut Cloud, dabei sollen die Geräte echt gut sein, wir hatten hier ja auch schon einen im Test.

Rational betrachtet als „nur Plotter“ ist der Brother das für meinen derzeitigen Bedarf (Deinen kenne ich ja nicht) bisher das am besten passende Gerät und der Gerätepreis noch im Rahmen. Tolle Leistung, bequem zu nutzen. Was will man mehr? Als Konsequenz zur obigen Kritik werde ich den aber gewiss nicht weiter aufrüsten. Das, was man zum Folienschneiden braucht, ist beim SDX1350 enthalten, der Rollenhalter geht preislich auch noch OK (69,- in der Version inkl. Querschneider), der kommt noch dazu, dann ist das aber gut so.

Vielleicht muss ich mir mal noch die Siser Juliet anschauen, die hat auch Wifi, liegt preislich ähnlich und kommt von einem Spezialisten für Vinylfolien – und nicht von der Stoffverarbeitung und ist womöglich etwas weniger … kurios.

 

9 Kommentare

  • Welchen Sinn machen die Kommentare, wenn zugleich ein zugehöriger Thread im Forum gestartet wird, analog zum Artillery M1?
    Ich kommentiere im Forum…

  • Siser soll tatsächlich sehr gut sein. Brother hatte mich damals enttäuscht als ich vor der Wahl für den richtigen Plotter stand. Dann wurde es ein Cricut… bin ich glücklich mit der Entscheidung? Nein 😀

    Cricut ist zwar grundlegend nett und die App ist auch ganz gut (auch wenn schon seit Jahren manche Werkzeuge zur Auswahl fehlen…), aber ich fluche trotzdem regelmäßig weil du für jeden Mist immer bezahlen sollst. Zahlst du, ist alles super. Zahlst du nicht, darfst du dich verrenken. Du kannst zwar trotzdem plotten, aber man versucht dir permanent ein Abo aufzuquatschen und legt dir Steine in den Weg.

    Hätte ich nicht so viel Zubehör für den Cricut Maker, ich hätte mir glaube auch mal den Siser Juliet zugelegt. Hinterher ist man immer schlauer.

    Danke für deine Tests.

  • Danke für den Bericht. War auch kurz davor meinen alten Scan’n’Cut wieder abzustauben. Leider scheint die Sparte für Brother nicht genug abzuwerfen – die Modellpflege ist leider sehr schlecht und mittlerweile die Konkurrenz am Markt dort Meilen voraus.
    Habe versucht eine neue Matte für meinen alten zu kaufen, und irgendwie sind die Preise des Zubehörs bei Brother auch einfach enorm. Für zwei neue Matten und nen Satz Messer bekomme ich gefühlt ein neues Konkurrenzgerät.

    Ich glaube man hat sich damals bei Brother mit der alten Taktik, über das Zubehör enorme Margen zu ziehen, total verhoben.
    Gefühlt ist es mit dem Plotter wie mit den Druckern.

    Danke auf jeden Fall für den Bericht, der auch gewohnt die kritischen Punkte klar benennt. Ich werde auch noch etwas suchen müssen um ein Gerät zu finden.

  • Vielen Dank Stephan. Da hast Du Dir sehr viel Arbeit gemacht. Das Schnitt Programm wirkt gegenüber den von xTool und Bambulab Suite sehr veraltet.
    Aber entscheidend ist, was man damit machen kann.

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