Alfawise X6A

Hier nun mein erster Testbericht zu einem freundlicherweise von Gearbest zur Verfügung gestellten Drucker ihrer Hausmarke Alfawise, dem neuen X6A.

https://de.gearbest.com/3d-printers-3d-printer-kits/pp_009723654779.html?wid=1433363&lkid=37804168

 

Das Vorbild ist offensichtlich der Anycubic i3 Mega, der Hersteller ist Tronxy, bei denen der Drucker auch X6A heißt. Da ich den i3 Mega seit einem Jahr besitze, kann ich hier ganz gut vergleichen.

Zuerst fällt auf, daß der Drucker sehr kompakt verpackt ist, trotzdem ist alles gut geschützt in passend ausgeschnittenem Hartschaumstoff. Es gibt eigentlich nur zwei größere Einzelteile: die Basis mit Y-Achse, Mainboard, Display und Netzteil sowie der U-Rahmen mit X- und Z-Achse, ist also schnell zusammengebaut.

Aber: es sind keinerlei gedruckte Infoblätter oder gar Anleitungen dabei, nur mehrere PDFs, in schlechtem Englisch gehalten, auf der NoName 8GB microSD-Karte, die in einem USB2.0-CardReader-Stick steckt. Das Zubehör ist auch sehr minimalistisch: kein Seitenschneider, keine Spachtel, kein Ersatz-Hotend, an Filament nur 28 g PLA.

Vorsicht beim Auspacken: der U-Rahmen mit X- und Z-Achse ist nur über die Basis geschoben, die zwei Teile sind aber noch nicht miteinander verschraubt, also einzeln aus dem Hartschaum entnehmen, das klemmt aber etwas, immerhin sind Pappstreifen dazwischen, damit der Lack nicht verkratzt.

Alles ausgepackt.

Zubehör.

Massenweise Filament.

 

 

 

 

 

 

 

Beim Zusammensetzen auf die richtige Ausrichtung achten: die geschlossene Seite mit dem Alfawise-Schriftzugs nach vorne, ebenso wie das Display in der Basis.
Dann mit je vier M4-Schrauben links und rechts miteinander verbinden, das geht am besten, wenn man den Drucker dazu einmal auf die linke und dann auf die rechte Seite legt, dann kommt man bequem von oben an die Schrauben ran.

Der massive Stahl-Filamentrollen-Halter kommt hinten links an die Basis des Druckers ran, ist aber zu schmal für Rollen über 1 kg.

Dann den Filamentsensor an den Extruder dranschrauben, das ganze an die linke Seite des Z/X-Rahmens.

Bei der Verkabelung kann man kaum etwas falsch machen, da das meiste beschriftet ist und von den Kabellängen gar keine andere Wahl bleibt.

X-Motor, Levelsensor und Hotend.

Filamentsensor und beschriftete Kabel.

Rollenhalter.

 

 

 

 

 

 

 

Kabel fixiert.

Das Heizbettkabel sollte man zur Zugentlastung mit einem der beiliegenden Kabelbinder, den man durch ein vorhandenes Loch an der Trägerplatte zieht, befestigen, sonst blockiert es den Y-Schlitten.

 

 

 

 

Die Kabel auf der linken Seite des Druckers (Extruder, Filamentsensor, Hotend, …) sollte man auch mit zwei Kabelbindern zusammenfassen und das dicke Kabelbündel an der vorhandenen Klebeschelle festmachen.

 

Kabelbinder entfernen!

Creality Klon Hotend.

Achtung: der Y-Riemen ist unter dem Heizbett mit einem Kabelbilder zusammengezurrt, damit sich das Bett beim Transport nicht so leicht bewegen kann. Dieser muss entfernt werden.

Den etwas kurzen Bowdenschlauch ganz nach unten in das billige Creality Klon Hotend, soweit erstmal fertig.

 

 

Drucker einschalten, der Schalter ist sogar richtig herum montiert (oben ein), er piepst eine kurze Melodie vor sich hin, das Display geht an, zeigt kurz darauf das Hauptmenü, OK.

Bootlogo.

 

Filament von unten in den Sensor einführen: Display geht aus, Filament wieder raus: Drucker macht einen Neustart. Jedes Mal. Ist wohl falsch auf dem Mainboard angeschlossen, super.

Ausgesteckt, Boden weggeschraubt, na immerhin sind es nicht gleichzeitig die Schrauben für die Füße wie beim JGAurora A5.

 

 

Kabelwirrwarr in der Basis.

Einmal verdreht, Kurzschluss.

Kabel verfolgt: einer der zwei Stecker hat die verkehrte Adern-Reihenfolge, beim Drücken des Tasters im Filamentsensor wird ein Kurzschluss zwischen +5V und Masse erzeugt. Belegung korrigiert, getestet: OK.

 

 

 

Weitere unschöne Dinge in der Druckerbasis: ein nicht eingestecktes Endschalter-Kabel für Z+, OK, den gibt’s eh nicht, aber einfach lose rumhängend ist nicht gut. Auch die restliche Verkabelung ist sehr wild, teilweise mit Verdrillern, die eine Metallseele haben, zusammengefasst, teilweise mit nicht gekürzten Kabelbindern. Erstere sind eine Kurzschlussgefahr, letztere schon besser, aber unfertig. Ein Sensorkabel war zwischen Gehäuse und Boden eingequetscht.

Normfarben? Wozu?

Quetschkabel.

Aufgeräumt.

 

 

 

 

 

 

 

Das Schutzleiterkabel zum Netzteil ist blau statt grün-gelb und sehr dünn, L und N sind rot bzw. schwarz, auch nicht korrekt, aber etwas größerer Querschnitt. Keines der Kabel hat eine Aderendhülse, die Enden sind einfach mit Lötzinn versehen, das ist unzulässig bei Schraub-/Klemmkontakten an 230 V. Ich habe das dann etwas später alles optimiert.

Die gesamte Menüführung über den Touchscreen ist sehr intuitiv nutzbar, aber natürlich wie bei jedem Touchscreen, den ich bisher bei 3D-Druckern gesehen habe, mit viel weniger Optionen als an einem Marlin-RRD-Grafik-LCD mit Drehknopf. Auch wenn es den Menüpunkt gibt, WiFi hat er nicht.

Hauptmenü.

System-Menü.

About: Tronxy!

 

 

 

 

 

 

 

Das Mainboard hat keine Bezeichnung außer V1.0, einen 32bit ARM Prozessor und ungesockelte Stepper-Treiber, die nicht gerade leise arbeiten. Es ist winzig und auch sonst sehr minimalistisch. Immerhin hat es einen Beeper. Da Tronxy der Hersteller ist wird es wohl eher keinen Sourcecode, keine Community-Firmware oder überhaupt signifikante Updates geben. Einen groben Bug habe ich gefunden: das manuelle Leveln fährt nicht die korrekten Punkte an, ist dadurch unbenutzbar, aber das automatische funktioniert einwandfrei.

Basis und Rahmen sind aus stabilem, pulverbeschichtetem Stahlblech, passt.

 

Fertig aufgebaut, noch ohne Fake Tak.

Die Riemen von X und Y muss man vor der Benutzung erstmal spannen, der Y hat dafür eine praktische Rändelmutter, die aber etwas labil gelagert ist, für X muss man den Stepper in vorhandenen Langlöchern verschieben. Funktioniert soweit.

Da die Umlenkrollen mal wieder keine Zähne haben, rattert es etwas in X und Y. Es gibt zwei Z-Spindeln, aber keinen Z-Endstop, das wird rein über den Level-Sensor gemacht, daher muss man im ausgeschalteten Zustand zuerst die X-Achse über manuelles Drehen der Z-Spindeln waagerecht ausrichten.

Filament einfädeln, das wird durch den Billig-Extruder nicht gerade leicht gemacht, vorheizen, Z-Offset setzen, wie in der Anleitung How-to-offline-print beschrieben, mit einem Blatt Papier wie immer…

Dann Autoleveln, der Drucker fährt 25 Punkte über das ganze Druckbett verteilt ab.

Die microSD-Karte rein, die mit S3D vom Hersteller vorgeslicete Datei drucken: 20 mm Box. Hmm, der levelt nochmals. Ok, er druckt, aber sehr langsam, max. ca. 30 mm/s.

 

Während des Druckens.

Aktuelle Werte, änderbar.

Ziemlich ausführliche Infos auf dem Display, aber keine Anzeige der aktuellen Z-Position, dafür aber der Fahrgeschwindigkeit. Und es gibt eine Funktion, um das Licht einzuschalten, das nicht vorhanden ist, es gibt aber dafür eine Buchse auf dem Mainboard.

 

 

 

Selbstgemachte Kabelhalterung.

Die Z-Gewindestangen sind nicht geschmiert, gleich nachgeholt mit dem Liqui Moly LM 47 MoS2 Langzeitfett. Bowden und Kabel zum Druckkopf hängen irgendwo im Weg rum, das Kabel hat keine Zugentlastung. Für letzteres habe ich später eine Halterung konstruiert.

 

 

 

 

Eigentlich wollte ich eine Ultrabase auf das Heizbett draufmachen, aber die ist zu dick, sodaß der Levelsensor nicht mehr funktioniert. Also erstmal die Fake Tak draufgeklebt, obwohl darauf das bei mir zum Einsatz kommende PETG viel zu gut haftet. Ich werde mich mal nach einer anderen Oberfläche umschauen, mal eine FR4 probieren?

Die Düsentemperatur ist auf 245 °C begrenzt. Mit ABS wird es also nix, macht bei einem 240 W / 12 V Netzteil aber auch keinen Sinn.

Er heizt innerhalb von 6-7 Minuten von 20 °C das Bett auf 70 °C und die Düse auf 230 °C auf, das ist OK.

Die E-Steps sind perfekt kalibriert ab Werk und die Jerk-Werte auch, es gibt kein Ghosting.

Die Druckqualität ist wirklich einwandfrei, ohne irgendwelche Optimierungen meinerseits.

 

Das vorgeslicete Testobjekt.

PETG-Benchy, 0,25 mm Schichtdicke…

…und 60 mm/s.

 

 

 

 

 

 

 

Die über den Preheat-Menüpunkt eingestellten Temperaturen merkt er sich praktischerweise übers Ausschalten hinweg.

Der Drucker läßt sich über USB bei 115200 bps ansprechen, M503 zeigt aber keine EEPROM-Werte an, M500 speichert sie auch nicht. Das PID-Tuning habe ich dann für meine Zieltemperatur von 230 °C per Terminal-Programm gemacht und die Ergebnisse dann in das Startskript in S3D eingefügt per M301-Befehl. Damit der auch vor dem Heizen ausgeführt wird, muss das explizit dahinter gesetzt werden. Der Drucker meint übrigens, daß Home bedeutet, daß er in X und Y jeweils auf 40 mm fahren muss. Wegen dieser Eigenheiten mal hier mein Startskript:

M301 P18.33 I1.13 D74.27 ; PID-Tuning at 230 °C
M140 S[bed0_temperature] ; set bed temperature
M104 S[extruder0_temperature] ; set hotend temperature
M190 S[bed0_temperature] ; wait for bed temperature
M109 S[extruder0_temperature] ; wait for hotend temperature
G1 F3600 ; set standard speed
G28 ; home all axes
M107 ; fan off
G92 E0 ; zero E axis
G1 X1.0 Y1.0 ; set starting point
G1 X1.0 Y60.0 E9.0 F1000.0 ; intro line
G1 Y100.0 E21.5 F1000.0 ; intro line
G92 E0.0 ; reset extruder distance position

Der Vollständigkeit halber auch das Endskript, hier ist am Drucker besonders, daß er beide Heizungen grundsätzlich nach dem Druck ausschaltet, selbst wenn man ihm etwas anderes vorgibt.

G1 X-13 Y210 F2400 ; position for easy part removal
G91 ; relative positioning
G1 Z50 F3600 ; position for easy part removal
M300 S800 P750 ; beep
M300 S0 P250 ; pause
M300 S800 P750 ; beep
M300 S0 P250 ; pause
M300 S800 P750 ; beep
M300 S0 P250 ; pause
M106 S0 ; fan off
M84 ; disable motors

Fazit:

Ich bin recht positiv überrascht, da ich von Tronxy schon den C5 hatte, der nicht in den Griff zu bekommen war.

Es gibt aber offensichtlich keine Endkontrolle bei Alfawise / Tronxy, sodaß man mindestens Elektronik- oder 3D-Drucker-Erfahrung haben muß, um ihn erfolgreich in Betrieb nehmen zu können.

Dann aber ist die Druckqualität gut genug, um Funktionsteile in PETG zu drucken, was ich damit vorrangig tun werde.

Aber der Anycubic i3 Mega muß sich nicht fürchten, dafür müsste der X6A mindestens 20-25% unter dessen Preis liegen und nicht gleichauf. Der i3 Mega hat ein gutes, gedrucktes Handbuch, wurde im Werk angedruckt, hat eine Ultrabase Glasplatte, eine super Spachtel, einen Seitenschneider und ein komplettes Ersatz-V6-Klon-Hotend dabei. Zwar kein automatisches Bett-Leveln, aber zwei getrennt angesteuerte Z-Spindeln mit zwei Endschaltern, sodaß sich die X-Achse immer wieder automatisch waagerecht ausrichtet.

Nachtrag:

Ich habe die FakeTak Folie jetzt durch eine 0,5 mm starke FR4 Platte ersetzt, die ich ebenso direkt aufgeklebt habe, jetzt kann man PETG problemlos drucken: es haftet gut und löst sich nach dem Abkühlen von selbst.

Aber das Mesh Bed Levelling erzeugt lustige schräge Muster in senkrechten Wänden, ich muss mal schauen, ob ich das abgeschaltet bekomme.

8 Kommentare

  • Hallo alfrank,
    sehr guter, erster 3D Drucker Testbericht von Dir.
    Gefällt mir, das lässt sich gut lesen und ist informativ.

    Weniger gut gefällt mir der von Dir getestete Drucker. Zu viele Mängel durch einfach unnötige Schlampereien..
    Ein Tronxy halt. Vielleicht bin ich da auch ein wenig voreingenommen, wie auch bei Anet oder Geeetech. 😉

    • An der Druckerauswahl war ich schuld. Oder GB, wie mans nimmt. Ich denke, wird bald mal wieder ein neuer Review von Alfrank kommen, vielleicht hammer dann mehr Glück.

      • Stephan, das war keine Kritik an Dir, der Auswahl oder dem Review von alfrank.
        Bitte nicht missverstehen.
        Finde es gut, das offen angesprochen wird, wenn etwas mit den entgeldfrei zur Verfügung gestellten Review Geräte im Argen liegt.
        Somit kann der potenzielle Kunde zumindest schon vorher erahnen, was in nach der Lieferung erwarten kann.

        Mich persönlich spricht ein Drucker schon nicht an, wenn Tronxy, Anet oder Geeetech draufsteht. Bin froh, dass ich mir das nicht geben muss. Probleme habe ich schon so genug. 🙂
        Aber manch einer liebt ja Herausforderungen, mehr oder minder freiwillig.

        Das mit den entgeldfreien Review Geräten ist ein schwierige Geschichte.
        Schön für uns, die keine Arbeit damit haben und gut gemachte Berichte lesen und nette Detailbilder ansehen dürfen.
        Die China Versender und Hersteller drücken euch meist Geräte aufs Auge, von dem Sie den Verkauf forcieren wollen, Sie die größtmögliche Marge haben und preislich sich im unteren Segment befinden, was größtmögliche Absatzzahlen, Umsätze und Gewinne verspricht.
        Die Ausgaben dafür dürfen auch Ihr knapp bemessenes Werbebudget nicht allzu sehr strapazieren. Dafür ist deren Erwartungshaltung an uns Langnasen um so größer.

        Gott sei Dank ist das alles hier nur Hobby, Geld verbrennen und Zeitverschwendung … aber Hauptsache, wir haben alle Spaß. 🙂

    • Ob die Drucker was taugen oder nicht sehen wir leider erst wenn das Druckergebnis vorliegt. Die Geeetech-Drucker sorgen immerhin für Beschäftigung!

  • Schöner Überblick!
    Also noch ein weiterer Bettschüttler mit Stahlbrücke.
    Da entscheiden also Anforderungen und Preis, ob man sich nen Any gönnt, oder einen Clone kauft.

  • Prima. Sowohl der erste Review an sich, wie der Drucker selber auch 🙂

    Wenn ichs recht im Kopf hab, ist der X6A glaub noch vor dem U30 erschienen. Damit stecken hinter den Alfawise Druckern also schonmal 2 Hersteller: TronXY und Longer3D (der U20 und der U30 kommt von Longer3D).

  • Erstmal Gratulation zum ersten Beitrag!
    Tronxy hat es nicht so eng genommen den Ursprung des Druckers zu vertuschen. So richtig viel Glück hatten wir mit Tronxy bislang nicht. Ralfs erster Test war ein A8-Klon von Tronxy und war eine Katastrophe. Der X5S braucht auch viel Nacharbeit. Schön wenn endlich mal einer positiv überrascht und nicht komplett durchfällt.

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