Up Mini 2: ein Kurzer Blick auf den kleinen ABS Spezialisten von Tiertime
Tiertime’s Up Mini 2 ist nun schon bald 2 Jahre im Handel. So richtig populär ist er nie geworden. Einem recht hohen Preis und winzigem Bauraum stehen ein paar interessanten Eigenschaften gegenüber. Warum der Drucker vielleicht eine Überlegung wert sein könnte?
Mein Up Mini 2 hätte ein generalüberholter Drucker zu einem reduzierten Preis sein sollen. Der General war allerdings wohl grad AWOL und überholt war schon gleich gar nix. Man hatte mir schlichtweg einen (ungeputzten und ungeprüften und teilweise defekten) Versandrückläufer geschickt. Na, Danke aber auch. Geht umgehend retour. Aber für einen kurzen Blick auf den Drucker und ein paar Probedrucke hat es gereicht.
Der Up Mini 2
Der Bowden dient hier nur dazu, um das Filament in den Drucker zu leiten. Die Filamentbox ist mit dabei, allerdings ist sie zu klein für alle Rollen über 750g.
Solide aufgebauter Rahmen, die Optik ist eigentlich auch ganz schick. Beleuchteter Innenraum. Also gefallen würde er mir schon. Apropos Innenraum:
Der Blick ins Innere: Solider Metall-Innenrahmen aus Stahlblech, die X Achse riemengetrieben auf zwei 8mm Wellen, der Tisch für das (wechselbare) Druckbett allerdings Plastik und bissl wackelig. Das Druckbett bewegt sich sowohl in Z als auch in Y Richtung. Druckvolumen ist 120 x 120 x 120mm – nicht gerade riesig.
Schrauben zum Ausrichten des Druckbetts sucht man vergeblich, das ganze wird rein per Software „gerade gerechnet“. Angesicht der so kleinen Bauplattform ist das noch zu verschmerzen.
Das Heizbett soll eine maximale Temperatur von 100°C erreichen können. Ich messe aber eher um die 80°C.
1 1/2 unterschiedliche Bauplatten werden für den Up Mini 2 angeboten: einmal die klassische perforierte Lochplatte.. und einmal die selbe perforierte Platte auf die ein Stück Buildtak aufgeklebt wurde. Damit dürfte die Frage geklärt sen, wieso ich 1.5 gesagt habe. Insgesamt liegen dem Drucker jeweils 2 dieser Platten bei. Die Platten können einzeln nachbestellt werden. Die Platten lassen sich recht einfach entnehmen bzw. tauschen, sitzen gerade noch ausreichend stramm in dem Plastikhalter des Druckbetts.
Unter dem Druckbett finden wir den Filter, der die Luft im Gehäuse zirkulieren lässt. Zirkulieren, allerdings weniger gut, tut es auch oben:
Wir sehen einen DirectDrive Extruder und den zwar potenten, aber einzigen Lüfter am HotEnd. Einen dedizierten Bauteilllüfter findet man keinen. Für ABS ist das verzichtbar.
Links ist eine Klappe, die man stufenlos auf und zu schieben kann, um so einen Teil der für die HotEnd Kühlung gedachten Luft auf das Bauteil umzuleiten. Das ist weder sonderlich komfortabel noch effektiv. Das dürfte einer der Hauptgründe sein, warum die Qualität von Drucken mit PLA eher dürftig ausfällt. In der Mitte sehen wir eine proprietäre Düse, die zwar leicht getauscht werden kann, aber mir ihrem ungewöhnlichen Innengewinde werden wohl letztendlich nur wieder Tiertime eigene Düsen in Frage kommen. Schön dagegen: die kleine LED leuchtet das Druckobjekt an (abschaltbar).
Das HotEnd soll Temperaturen bis 300°C auch dauerhaft halten können. Ich bin geneigt, das zu bestätigen, meine Versuche mit der mir vorliegenden PolyCarbonat Sorte, die unter 280°C normal nicht zu drucken ist, zeigte zumindest anfangs das gewohnt Extrusionsverhalten.
Und hier noch einen Blick auf das Board des Up Mini 2:
Scheint wohl ne Tiertime Eigenentwicklung zu sein, habe ich auf jeden Fall so noch nicht gesehen. Fortsetzen nach Stromausfall ist vorhanden, funktioniert auch soweit, weil eben das Raft im perforierten Druckbett verzahnt ist. Ein Filamentende-Sensor fehlt allerdings.
Die Software des UP Mini
Eine freie Slicerwahl ist undenkbar mit den Up Druckern. Ohne Up Studio geht nichts. Also werfen wir auch da mal nen kurzen Blick rein
Im Grunde ist die Up Studio Software ausreichend. Ich finde die Software jetzt nicht unbedingt wahnsinnig intuitiv, aber wahrscheinlich gelingt es durch den reduzierten Funktionsumfang der Software dem absoluten Einsteiger etwas schneller, als wenn man ihn ohne Vorwarnung ins Cura stolpern lässt.
Der Up Mini 2 muss zwingend über Up Studio mit Druckdaten versorgt werden. Es ist möglich, einen mit einem anderen Slicer erstellten gCode in das Up Studio zu importieren und so an den Drucker zu übertragen, aber ganz ohne Up Studio kommt man dennoch nicht aus.
Störend ist der Aktivierungszwang: wird der Drucker nicht erst über Up Studio aktiviert, verweigert er nach ein paar Testdrucken weiteren Drucke. Die Aktivierung ist wenigstens nur eine einmalige Geschichte.
Auch der etwas halbherzige Versuch, den Drucker irgendwie künstlich an die Tiertime Cloud zu binden, funktioniert eher schlecht als recht. Das mag nun daran liegen, dass man mir einen Versandrückläufer untergejubelt hat, der immer noch dem Konto des Vorbesitzers zugewiesen ist – aber letztendlich scheint die Cloud nicht zu funktionieren, was allerdings auch nicht weiter stört. Verbuggt? Einzelfall, weil ich mein Drucker nicht korrekt registrieren kann? Kein Plan.
Immerhin bietet Up Studio etwas mehr Einflussmöglichkeiten auf die Supporterstellung als so manche andere, leistungsfähigere Slicer Software. Aber komfortabel ist das nicht: In einer endlos langen Liste wird einem jedes einzelne Teilsegment der Supportkonstruktion (mal größer, mal kleinere Teile) aufgelistet und man kann dieses Segment dann deaktivieren. Besser als nix, aber weit weg vom freien Platzieren, wie man es von Simplify3D vielleicht kennt
Ältere Versionen der Up Software ließen ein Ändern der Druck- bzw. BettTemperatur nicht zu. Da die original Tiertime Filamente ungewöhnlich heiß gedruckt werden, war die Nutzung von Fremdfilament schwierig bis unmöglich – dieses Manko ist in aktuellen Versionen nicht mehr existent: Die Temperaturprofile können nun selbst erstellt werden – aber nur, wenn man in der Cloud eingeloggt ist.
Hier fehlen dann doch ein paar wichtige Einstellungen, der Einsteiger kanns wahrscheinlich verschmerzen, der Fortgeschrittene dann schon weniger. Kleinste wählbare Schichthöhe ist 0.15mm. Was fehlt ist vor allem eine Möglichkeit, die Druckgeschwindigkeit gezielt zu verändern.
Probedrucke
Mein Ersteindruck
Die Druckqualität ist gut. Gerade auch in anbetracht der Tatsache, dass ABS und Nylon nicht leicht zu drucken sind. Fremdfilament ist problemlos.
Der Druck mit Nylon und PolyCarbonat gelangt mir in der Kürze der Zeit trotz allem nicht 100% zuverlässig. Kleinere Nylon Teile wurden sehr schön gedruckt, längere Drucke jedoch scheiterten früher oder später: es versagte der Extruder und produzierte nur noch Underextrusion. Ich weiss, dass Makers Muse explizit in mehreren Videos auf die gute Eignung des Mini 2 für diese Materialien hingewiesen hat, ich vermute daher, dass der Ochse, der den Drucker vor mir hatte, nicht nur die Extruderschrauben rund gedreht und wohl mit nem Akkuschrauber eine davon im 45° Winkel komplett schief neben das Gewinde gezimmert hat, sondern da vielleicht noch etwas mehr verbockt hat.
Ebenfalls nicht hilfreich in der Sache ist die Tatsache, dass ich Druckgeschwindigkeiten in UP Studio nicht anpassen kann, ich kann nur aus 3 vorgefertigten Profilen wählen, das ist nicht genug Kontrolle bei anspruchsvollen Materialien.
Der Druck mit ABS gelang jedoch stets in sehr guter Qualität, egal ob original Tiertime Filament oder das Fremd ABS, dass ich hier noch herumliegen hatte.
Der Lüfter des Hepa / Aktivkohlefilters ist laut, deutlich lauter als das Druckgeräusch selber. Der Hepa Filter funktioniert sehr gut, ich kann ABS drucken und rieche nichts. Allerdings will der Filter auch gerne alle 300 Druckstunden getauscht werden.
Das komplett geschlossene Gehäuse funktioniert. Nicht nur insofern, dass nix stinkt, auch steigt die Temperatur im Innern merklich an, was bei ABS, ASA, Nylon, PC und dergleichen durchaus hilfreich ist. Bei PLA dann allerdings wieder kontraproduktiv.
In Kurz: für PLA würde ich mir nen Mini 2 nicht kaufen. Wenns mal grad nicht anders geht, dann kann man sich irgendwie mit PLA arrangieren, aber das sollte die Ausnahme bleiben.
Auf Wunsch, kann man vor Druckbeginn erst 15 – 45 Minuten lang den Drucker vorheizen lassen, dann ist es Innen schon mal muggelig warm, wenn der Druck startet. Statt ner Zeitschaltuhr würde mir aber ne Zieltemperatur sinnvoller erscheinen.
Weniger gut funktioniert das Wifi Modul: spätestens nach ner Stunde oder so verliert die Up Studio Software die Verbindung zum Drucker. Das ist nicht weiter tragisch, da alle Druckaufträge zuerst auf den Drucker kopiert werden und der Druck danach autonom auch ohne PC weiter läuft. Der Drucker kann entweder sein eigenes WLAN aufspannen, das dann über die kostenlose Smartphone App die Steuerung per Handy ermöglicht – oder aber sich in das heimische WLAN als Client einklinken.
Die letzten 10 Drucke bleiben auf dem Druckerspeicher erhalten und können auch ohne PC wieder gestartet werden. Der farbige Touchscreen ist angenehm, aber nur wenig hilfreich, er kann einfach zu wenig. Nur bereits schonmal an den Drucker gesendete gcodes kann man damit starten bzw. Filament laden / entladen und das Bett kalibrieren. Sowie Licht an oder aus. Es gibt eine Pause während des Drucks, so das Filamentwechsel während des Drucks kein Problem sind.
Sehr gut gefallen haben mir die perforierten Platten, egal ob ABS, Nylon oder auch PolCarbonat, alles schwer zu druckende Materialien, die Bauteilhaftung auf der perforierten Platte war stets sehr gut. Das Raft (man kann es zwar abschalten, ist aber wenig sinnvoll) beisst sich so gut in die Löcher, dass ich in keinem Druck Warping beobachten konnte. Da die Platten etwas biegsam sind, lässt sich der Druck trotzdem gut von der Platte ablösen.
Die Zuverlässigkeit des ABL Bett Sensors konnte ich leider nicht testen, mein werter Herr Vorbesitzer war wohl sehr hungrig und hat da auf dem Flachkabel etwas.. herumgekaut? Also musste das manuell erledigt werden.
Alles in allem?
Irgendwie reichts nichts ganz für einen Ausbruch von Euphorie bei mir. Wenn Nylon und PC jetzt absolut zuverlässig funktioniert hätten, hätte ich mir den nochmal und diesmal in Neu gekauft. Schade ist halt nun, dass ich mir nicht sicher sein kann, dass meiner nicht einfach nur verpfuscht wurde, so bleibt ein Restzweifel und ich kann eigentlich keine Wertung geben. Aber ABS kann ich auch billiger genauso gut drucken. Würde der jetzt statt 650,- Euro nur 350,- kosten, dann wärs mit Sicherheit nochmal ne Überlegung wert – immer noch teuer, ja. Aber irgendwie hätte so eine kleine Kiste für die Sonderfilamente doch einen gewissen Reiz gehabt. Schade und Sorry für diesen Wischiwaschi Bericht.. Manchmal läufts leider nicht so, wie man sich das gedacht hatte mit der Testerei und besser als nix hoffe ich ist der kleine Post dann doch..
Hallo, mich wuerde sehr interessieren wie gross dir Loecher im Druckbett sind? Danke euch 🙂
Puh, der Drucker is schon lang wieder weg.. Nicht groß.. Grob geschätzt nen mm oder so im Durchmesser..
Als Drucker 100 und 1 hat er den entscheidenden Vorteil er ist klein. Wenn ich die Druckergebnisse sehe könnte ich fast meinen, es ist so einfach mit ABS. Als alleiniger Drucker dürfte der Bauraum etwas knapp bemessen sein und der Einsatz zu speziell. Interessant in jedem Fall.
Ja, so wars gedacht, der 101. Drucker, der genau diese 3 Materialien abdeckt. Für die seltenen Fälle, wo es eben Nylon oder PC sein müsste.
Wers braucht – Tinyfab hat nen Smoothieware Upgrade für den CETUS, obs für den Up Mini 2 auch funktioniert konnt ich aber bisher net rausfinden: https://www.tinyfab.xyz/
Bekomme heute den CETUS, quasi den PLA Bruder des Up Mini 2. Bin echt gespannt, wie der sich verhält. Die Qualität sollte auf alle Fälle der Knaller sein, wenn man den Testdrucken in den Youtube Videos trauen kann.
Oh, da bin ich auch mal auf Fotos gespannt, der Cetus liegt auch voll in meinem Beuteschema 🙂