Formelsammlung zum 3D-Druck – Teil 2
Aufgrund aktueller Threads im Forum hier mal ein paar weitere mathematisch-physikalische Herleitungen für wichtige Werte im 3D-Druck, in Ergänzung zu meinem ersten Artikel zu dem Thema hier…
Größere Düsendurchmesser bei FDM-Druckern
Mir kann ein 3D-Druck ja auch nicht schnell genug gehen, daher kann ich absolut verstehen, wenn jemand eine größere Düse als die Standard 0,4 mm Version verwenden will, aber…
Eine größere Düse erzeugt natürlich einen höheren Materialdurchsatz in derselben Zeit.
Also müssen Extruder und Hotend auch in der Lage sein, diese größere Menge an Filament zu fördern und zu schmelzen.
Da wir ja in 3D drucken, geht es hier um Volumen pro Zeit.
Für Extruder und Hotend also um die Kreisfläche der Düsenöffnung und um die Vorschub-Geschwindigkeit des Filaments.
Rechenbeispiel: 0,6 mm Düse statt 0,4 mm Düse: 0,6 = 1,5 * 0,4
Also Faktor 1,5 sowohl für die Linienbreite als auch für die Schichtdicke.
Ergibt also 1,5 * 1,5 = 2,25
Es muss bei einer 1,5 mal so großen Düse also mehr als die doppelte Menge an Filament in derselben Zeit geschmolzen und gefördert werden.
Schon das wird mit vielen Standard-Extrudern und -Hotends problematisch, evtl. hilft eine Erhöhung der Düsentemperatur. Aber meist muß ein Faktor wieder zurückgenommen werden, entweder die Schichtdicke oder die Geschwindigkeit, die ja auch Einfluß auf das Volumen pro Zeit hat, da sie ja die dritte Raumdimension enthält.
Das gesamte verfügbare Volumen bei einer 1,5 mal so großen Düse wäre sogar 3,375 mal so groß, da das Quadrat über folgende Formel hineinkommt:
Kreisfläche = π * (Düsendurchmesser/2)^2
Um das ausnutzen zu können, muß man dann aber auch 1,5 mal so schnell drucken.
Und spätestens da hört es dann mit den normalen Extrudern und Hotends definitiv auf.
Wirklich effektiv ist daher nur das Upgrade auf ein stärkeres Hotend, das einen größeren Schmelzbereich hat, wie z.B. ein E3D Volcano und einen Extruder, der diese Menge auch sauber fördern kann, wie einen beidseitig greifenden und untersetzten Bondtech BMG. Alles andere ist Spielerei und Glückssache.
PS: Bei einer 0,8 mm Düse statt einer 0,4er sind wir dann schon bei Faktor 4 bzw. 8…
Dünnere Schichten bei Harz-Druckern
Die Detailgenauigkeit von Harzdruckern ist ja schon richtig klasse, aber auch da gibt es ein paar Fallen, die vielleicht nicht jedem bewußt sind.
Daß die horizontale Auflösung exakt die des als UV-Filter verwendeten Displays ist, sollte klar sein. Die ist somit unveränderlich, oft bei ca. 0,05 mm, also 50 µm.
Die Schichtdicke kann jedoch im Slicer frei gewählt werden, das verleitet also zu Optimierungsversuchen.
Voreingestellt sind meistens 50 µm Schichtdicke, also in etwa gleich wie die oft etwas krumme X/Y-Auflösung.
Mir geht es hier um eine vermeintlich mögliche feinere vertikale Auflösung, also grob gesagt um glattere vertikale Schrägen, egal ob diese jetzt linear oder gebogen sind.
Also stellen wir die Schichtdicke auf z.B. 20 µm und wundern uns, daß die Drucke trotz 2,5-facher Druckzeit nicht besser aussehen, sondern eher mehr Fehler wie abgerissene Stützen, nicht zusammenhaltende Schichten oder Luftblasen haben.
Die Fehler entstehen durch die viel empfindlichere dünnere Schicht, die viel eher reißt, sich dehnt oder aufschwimmt.
Die vertikalen Schrägen können bei einem Harzer nicht durch Verringern der Schichtdicke verbessert werden, weil er aufgrund des fest an einer Position stehenden Displays keinen horizontalen Versatz zwischen den Schichten erzeugen kann, der nicht ein ganzzahliges Vielfaches der X/Y-Auflösung ist.
Ein Harz-Druck mit 20 µm Schichten sieht also bestenfalls genau gleich aus wie einer mit 50 µm Schichten.
Ein FDM-Drucker kann hingegen bei z.B. 0,4 mm Linienbreite diese auch in z.B. 0,05 mm Schritten horizontal versetzt übereinander legen, wenn man ihm genügend viele dünne Layer dafür gibt. Nur ist dessen Druckprinzip wieder nicht geeignet, so arg dünne Layer zuverlässig zu produzieren.
Ideal wäre für einen Harz-Drucker also eine Schichtdicke die exakt der horizontalen Auflösung entspricht, sodaß keine optischen Verzerrungen o.ä. Effekte auftreten.
Nur gibt es dann halt ein paar Micron Höhenabweichung zum Soll-Maß, das in der Praxis ja bestenfalls auf Zehntel-Millimeter genau ist.
Eine höhere Schichtdicke zum Beschleunigen des Druckvorgangs ist hingegen durchaus möglich, solange die Kraft der UV-Quelle ausreicht, diese in endlicher Zeit sauber durchzubelichten.
Wenn man ganz pingelig sein will, wäre ein Fall in dem geringere Schichtdicken Sinn machen könnten: sehr geringe horizontale Steigungen, z.B. bei Landschaften. Aber für mich überwiegen die o.g. Nachteile.
Anti-Aliasing bei Harz-Druckern
Ich denke auch nicht, daß Anti-Aliasing bei der Erzielung eines feineren oder glatteren Harz-3D-Drucks wirklich hilft, habe es aber noch nie richtig ausprobiert, weil es nach meinem physikalischen Verständnis einfach Quatsch bzw. das Ergebnis zu zufällig ist.
In 2D kann man mit Zwischen-Farbtönen/-Helligkeiten der Pixel eine Unschärfe erzeugen, die das Bild weicher oder glatter aussehen lässt, kein Problem.
Bei einem Harz-Druck wird das über geringere Belichtungszeiten versucht, man kann ja die Pixel des Displays nicht partiell abdunkeln, sonst hätte man ja eine echte höhere Auflösung.
Nur was passiert bei einer geringeren Belichtungszeit? Es entstehen halbfeste, also matschige Voxel (das 3D-Äquivalent eines Pixels) und die sind der Grund für das eher unvorhersehbare Ergebnis.
Also ist nach dem Waschen nach dem Zufallsprinzip entweder ein Voxel da oder eben nicht, bestenfalls ist er in Z dünner. Nur worauf baut dann die nächste Schicht auf, wenn die vorherige nicht komplett da ist?
In X und Y ist diese Verschlankung nicht möglich, es wird ja jeder Pixel über seine ganze Fläche gleichmäßig belichtet.
Außerdem weiß man nie, ob der Slicer und besonders der Drucker das eingestellte Anti-Aliasing überhaupt tatsächlich ausführen bzw. ob beide dasselbe darunter verstehen.
Besser ist m.E. ein Glätten des fertigen Druckes durch irgendeinen geeigneten Überzug, also durch Füllern. Da ich aber absolut nicht der Miniatur-Modellbauer bin, habe ich damit keinerlei Erfahrung.
Hier geht es aber auch nur um die mathematisch-physikalischen Grenzen des 3D-Drucks.
Lasst Euch also nicht von eigenen Experimenten abhalten!
Das mit der Schichtdicke verstehe ich wohl nicht richtig. Siehe hier: https://formlabs.com/blog/3d-printer-resolution-meaning/
Da wird gegenteiliges behauptet…
Nein, nicht wirklich.
Unsere Hobby-Harzdrucker arbeiten nach dem DLP Prinzip, Digital Light Projection, also Projektion des UV-Lichtes durch eine feststehende Matrix, das Display, welches als Maske dient.
„Often discussed but seldom understood, the definition of XY resolution (also called horizontal resolution) varies by 3D printing technology:
SLA and LFS 3D printers: a combination of the laser’s spot size and the increments by which the laser beam can be controlled
DLP 3D printers: the pixel size, the smallest feature the projector can reproduce within a single layer
FDM 3D printers: the smallest movement the extruder can make within a single layer“
„Are Smaller Layer Thicknesses Always Better?
…
Lower layer thickness equals more time, artifacts, and errors.“
Danke für den Link, da ist alles sehr schön ausführlich und mit aussagekräftigen Bildern erklärt und meine Aussagen werden bestätigt.
Ja, ich verstehe dass bei 50 micron XY Auflösung keine 25 micron bei Schrägen gedruckt werden können, weil es ja nicht zwischen die Pixelmatrix kann, dafür müsste sich die XY Achse bewegen können. Das ist beim Screen nicht gegeben. 25micron layer bei 50xy bedeutet dann, er druckt zwei layer exakt aufeinander?
ABER: für dickere Schichten werden höhere Belichtungszeiten benötigt, was Verlust von Details nach sich zieht. Sind dünnere Layer dann nicht doch präziser? 1,8sek macht doch schon einen Unterschied zu 2,2 aus. Bei den validation matrix Testplättchen ist das R mit 1,8sek nicht mehr halb zugewachsen, das I und N sind sauber separiert usw.
Sehr schöner Ansatz, der mit Mythen aufräumen kann. Mich würde auch mal interessieren, wie sich die tatsächliche Wiederholgenauigkeit bei den 100€-Chinaharzlern verhält, wenn der Schrittmotor die Spindel hoch-und-runter fahren lässt und dann verlässlich die „MeinDruckerSchafft15µm“ wieder trifft. Fun-fact am Rande: eine menschliche Zelle ist durchschnittlich 25 µm im Durchmesser.
Und dann kam noch der Fehler „Mensch“ dazu.
Selbst wenn man hochgenaue Messmittel von Tesa; Mitutoyo oder Mauser hat, werden schon noch einmal 20 Tausendstel alleine dazukommen. durch unterschiedliche Handhaltung.
Ich bin soweit, das ich eher die Drucke als das Maß anpasse.
Geschliffene oder gefeilte Druckteile sehen nicht schön aus.
Auch sehr beliebt: eine FEP-Folie hat 0,125 mm Dicke der Kunde benötigt aber 0,127 mm. Auf Nachfrage, ob er denn schon weiß dass wir hier über 2/1000 mm reden…. Ja, das ist wichtig!!!
alfrank, da gäbe es bald Stoff für eine eigene Sammlung „Mythen im 3D-Druck“. Auch einer meiner Lieblinge – das MHD bei Harzen. Kam vor ca. 2-3 Jahren auf, hoppla, das ist ja förderlich für den Absatz wenn das Harz „plötzlich“ abläuft. Da helfen dann leider auch keine objektiven Argumente, das Harz läuft am 17.06. ab und geht dann nicht mehr…
2/1000 mit unseren Drucker? 🙂 🙂 :))
Die schaffen ja schon keine Genauigkeit bei den 100stel.
Genauigkeit auf ein paar 10tel ist machbar, mehr aber nicht.
Wer es genauer braucht, sollte sich mal den EOS M400 ansehen. Aber bei den Rahmenbedingungen und dem Preis werden dann die Augen nass. Das gibt es halt nicht für 200- 400,- €
Wenn hier mal wieder die Genauigkeit der Drucke bemängelt wird, da kommt mir meistens nur ein breites grinsen ins Gesicht. Wer es genau haben will, muß halt in Werkzeug investieren, nicht in Spielzeug.
Es ging um die Dicke der FEP-Folie, nicht um die Auflösung. Aber in diesen Zehnerpotenzen möchte ich auch mal das Fertigungsverfahren sehen, dass eine Folie auf 2/1000 mm genau extrudiert 🙂
Die technische Möglichkeit gibt es, aber die daraus resultierenden Folien sind nur für spezielle Zwecke gedacht, und entsprechend teuer. Nix für den normalen Verbraucher.