PWM – Pulsweitenmodulation
Wie steuert der Drucker die Leistung von Lüftern oder Heizungen, und warum fiepen Lüfter manchmal?
Einstiegs-Theorie zur Pulsweitenmodulation.
Wir messen im Wohnzimmerlabor auch ein wenig am lebenden Objekt und klären danach noch für Interessierte, was genau hier eigentlich ein Multimeter misst.
Der Aufbau
Für die Messungen nutzen wir ein altes Ender-2-Board mit Marlin 1.1.8.
Wir versorgen es aus einem Labornetzteil (im nächsten Bild ganz rechts) mit 12V Gleichstrom oder DC = direct current. Diese Versorgungsspannung messen wir mit allen im weiteren Verlauf verwendeten Messgeräten nach, indem wir sie alle gleichzeitig mit dem Ausgang des Netzteils verbinden. Plus (rot) an Plus, Minus (schwarz) an Minus. So können wir sie kennenlernen:
Die drei Multimeter links sind sich einig und messen im Gleichspannungsmessbereich „V-“ alle etwa 12V.
Nebenbei stellen wir fest, dass sich die beiden Laborvoltmeter sehr einig sind und das Handmultimeter einen etwas zu geringen Wert anzeigt, aber auch diese Abweichung beträgt nur etwa 1%.
Das Oszilloskop misst über die Zeit auch eine Gleichspannung von 12V:
Die Zeit verläuft von links nach rechts, die Spannung von unten nach oben. 0V ist die Mitte des Bildschirms, pro Linie geht es von da um 5V nach oben. Die gelbe Linie der gemessenen Spannung liegt demnach auch bei 12V und bleibt von links nach rechts über die Zeit gleich. Eine echte Gleichspannung also.
Die Pulsweitenmodulation
Wir schauen uns an, wie das Board die Spannung am Bauteilelüfter-Anschluss steuert. Dabei ersetzt ein Lastwiderstand von 100 Ohm den Lüfter, weil an diesem Board mit einem Lüfter zusätzliche ‚Dreckeffekte‘ entstehen, die zu weit führen würden.
Alle Messgeräte klemmen wir auf den Lüfterausgang mit dem Widerstand um.
Die Lüfterleistung lässt sich am Ender-2-Board in Marlin in Werten von 0-255 einstellen.
Im Info-Display zeigt der Ender 2 dafür Werte von 0 bis 100%.
Bei einem Maximalwert von 100% = 255 ist der Ausgang voll eingeschaltet:
Wir messen eine Gleichspannung von 11,1V. Aufgrund von „Verlusten“ auf dem Board sind es nicht mehr ganz 12V. Das spielt für unsere grundsätzlichen Überlegungen hier keine Rolle, und wir klären das evtl. in einem späteren Blog.
Entscheidend ist hier, dass auch das Oszilloskop über die Zeit eine konstante Spannung, eine „echte“ Gleichspannung, zeigt.
Die wirklich spannende Frage ist jetzt: Was werden wir messen, wenn wir den Lüfterausgang auf 50% = 127 stellen?
Ist es eine echte Gleichspannung von 11,1V / 2 = 5,55V, also auf dem Oszilloskop eine gerade Linie auf Höhe 5,55V?
Nein.
Zwei der Multimeter zeigen die erwartete Spannung von 5,5 bzw. 5,6V, das untere einen Wert von 7,89V, darauf kommen wir weiter unten zurück.
Das Oszilloskop zeigt jetzt aber keine echte Gleichspannung mehr, sondern die Spannung springt zwischen 11,1V und 0V auf und ab.
Das Board regelt demnach die Spannung nicht herunter, sondern schaltet sie zeitweise ganz ab. Bei Vorgabe von 50% Lüfterleistung ist die Spannung immer für ca. 500µs, eine 2000stel-Sekunde, eingeschaltet und dann für die gleiche Zeit ausgeschaltet. Sie ist also zu 50% der Zeit eingeschaltet.
Bei einem Vorgabewert von 25% analog zu 25% der Zeit:
Offenbar wird zur Leistungssteuerung des Ausgangs die Einschaltdauer oder „Pulsweite“ variiert oder „moduliert“ – Daher „Pulsweitenmodulation“.
Ist der Verbraucher nicht durchgehend eingeschaltet, sondern z.B. nur 25% der Zeit, beträgt die mittlere Leistung auch 25% der Maximalleistung.
Der in Marlin angezeigt Prozentwert entspricht also der anteiligen Einschaltdauer und damit der anteiligen Leistung. Das Oszilloskop misst die Einschaltzeit als Duty-Cycle mit 50,053% bzw. 25.053%. Das Ender-Board steuert die elektrische Leistung des Lüfters also aufs Zehntel-Prozent genau.
Die PWM-Frequenz, also wie oft die Spannung pro Sekunde aus- und wieder eingeschaltet wird, ist in der Firmware festgelegt. Im Fall des Enders ist sie aus der CPU-Clock des ATmega-Chips abgeleitet: 16 Mhz / 64 / 256 = 976,5625 Hz. Diese Frequenz zeigt auch das Oszilloskop im letzten Bild mit 976,5731 Hz sehr genau an.
Alternativen zur PWM
Stellt sich die Frage: Warum macht man das so?
Die Standard-Alternative wäre eine lineare Regelung. Dabei wird die Spannung an der Last als echte Gleichspannung heruntergeregelt, indem ein Leistungstransistor als Vorwiderstand mit der Last in Reihe geschaltet wird. Vorwiderstand und Last wirken als Spannungsteiler. Dadurch sinkt die Spannung an der Last und durch den höheren Gesamtwiderstand auch der Strom durch die Last.
Am Leistungstransistor fällt dabei eine Verlustleistung an. Wenn z.B. eine Heizung an 12V eine volle Leistung von 200W hat und nur mit 50% = 100W heizen soll, würde der Leistungstransistor etwa 40W verbraten müssen.
Es sind nur 40W keine 100W, weil durch den Vorwiderstand des Transistors der Strom geringer wird und daher auch die Gesamtleistung.
(Ausgehend von R=U/I und P=U*I kann man ausrechnen, dass der Vorwiderstand √(2)-1, also 0,41 des Lastwiderstandes betragen muss, damit dessen Leistung sich auf 50% reduziert. Die Spannung über der Last sinkt um √(2), der Strom sinkt auch um den Faktor √(2) und damit ist die Leistung P=U*I einen Faktor 2 geringer.)
Die 40W bedeuten unnötig verbrauchte Energie, und sie müssen aus der Elektronik weggekühlt werden.
Bei der PWM fällt in der Elektronik idealerweise keine Leistung an, praktisch eine sehr geringe Verlustleistung auf dem Schalttransistor, dem Mosfet.
Warum fiept der Lüfter?
Schliessen wir einen Standard-Blower an unseren Aufbau an und regeln ihn auf 50% herunter:
Mit der Android-App Spectroid auf dem Smartphone können wir das Lüftergeräusch messen und bekommen folgendes Schall-Spektrum:Der mit Abstand lauteste Ton, das Fiepen, liegt demnach bei 2930 Hz. 2930 Hz / 3 = 976,7 Hz ist exakt die PWM-Frequenz. Wir hören in diesem Fall also die 3. Oberschwingung der PWM-Frequenz.
Exkurs:
Die Oberschwingungen stecken in der pulsweitenmodulierten Spannungsversorgung des Lüfters praktisch schon drin. Man kann sich das Reckecksignal aus überlagerten Sinussignalen unterschiedlicher Frequenzen zusammengesetzt vorstellen.
Eine Fast-Fourier-Analyse des Rechtecksignals mit dem Oszilloskop zeigt genau diese Frequenzen und ihre jeweiligen Pegel-Anteile, und wir sehen, dass die ganzzahligen Vielfachen der Grundfrequenz dabei eine herausragende Rolle spielen. Mit Peak 5 auch die bei 2930 Hz.
Was messen die Multimeter?
Schauen wir nochmal auf das Bild von oben:
Die beiden oberen Multimeter zeigen im Gleichspannungsmessbereich den Mittelwert über die Zeit von 5,57 V an, der Hälfte der Maximalspannung von 11,1 V.
Würden wir den Lastwiderstand R von 100 Ohm mit einer echten Gleichspannung von 5,5V betreiben, ist die Leistung P das Produkt aus Spannung U und Strom I, also
P = U * I,
oder mit I = U / R eingesetzt:
P = U² / R.
Halbiert sich der Widerstand, verdoppelt sich die Leistung. Verdoppelt sich aber die Spannung, vervierfacht(!) sich die Leistung, weil sich am konstanten Widerstand auch der Strom verdoppelt.
Für die 5.5V an 100 Ohm bekommen wir also:
P = U² / R = 5,5 * 5,5 / 100 = 0,30 Watt.
Die Pulsweitenmodulation steuert den Widerstand mit 11,1 V an, also
P = U² / R = 11,1 * 11,1 / 100 = 1,23 Watt,
das aber nur 50% der Zeit, also im Mittel mit
P = 0,615 Watt.
Das ist also das Doppelte der Leistung, die eine Gleichspannung von 5,5V erzeugen würde.
Anders gesagt: Die oberen Multimeter zeigen eine Spannung an, die in diesem Fall nur der Hälfte der tatsächlichen Leistung entspricht. Es stellt sich also die Frage, welchen Nutzen eine Messung des Mittelwerts von 5,5V eigentlich hat, wenn man nicht aus anderer Quelle weiss, dass es ein PWM-Signal ist, das man misst.
Denn uns interessiert doch die Effektivspannung, also die Gleichspannung, bei der die Leistung die gleiche wäre wie beim PWM-Signal.
Sie wäre aus P = U² / R:
Ueff = √(P * R) = √(0,615 W *100 Ohm) = 7,84 V.
Das ist im Rahmen der Messgenauigkeit die vom unteren Multimeter angezeigte Spannung.
Warum messen Multimeter, was sie messen?
Bei echte Gleichspannungen zeigen Multimeter im DC-Messbereich den konstanten Wert dieser Spannung an. Nichts Anderes ist sinnvoll.
Im AC-Messbereich für Wechselspannungen erwarten wir, dass der Effektivwert der Spannung angezeigt wird, also der Gleichspannungswert, für den die Leistung z.B. einer Heizung die gleiche wäre.
Für die Netzspannung ist uns das so zur Gewohnheit geworden, dass wir gar nicht mehr darüber nachdenken: Wir sind gewohnt, mit P = U * I z.B. auszurechnen, dass wir an einer 230V-Steckdose hinter einer 10A-Sicherung einen Verbraucher mit maximal 2.300W Leistung betreiben können, bevor die Sicherung fliegt.
Aus der Steckdose kommt aber eine sinusförmige Wechselspannung von +/- 325V. Der Mittelwert der positiven Spannungswerte über die Zeit wäre 206V. Die 230V sind der Effektivwert.
Der Effektivwwert berechnet sich als √(Mittelwert(Spannung²)) oder englisch „root mean square“, kurz RMS. Es müssen die Quadrate der Spannungwerte über die Zeit gemittelt werde, denn wie wir oben schon gesehen haben: Bei konstantem Widerstand geht die Spannung nach P = U² * R quadratisch in die Leistung ein, weil ja mit der Spannung auch der Strom steigt.
Mit der Kennzeichnung „RMS“ werben Multimeter dafür, dass sie bei sinusförmigen Wechselspannungen den RMS- oder Effektivwert der Spannung korrekt anzeigen. Manchmal teilen sie dazu den Wert der Maximalspannung einfach durch √2. 325 / √2 = 230. Das stimmt dann nur für sinusförmige Wechselspannungen.
Schauen wir, was unsere Multimeter anzeigen.
Bitte auf keinen Fall mit einem Multimeter an einer Steckdose herummessen. Das ist lebensgefährlich!!!
Wegen der Sicherheit messen wir hier an einer um den Faktor 100 geringeren Wechselspannung von +/- 3,25V mit der Netzfrequenz von 50 Hz aus dem Funktionsgenerator rechts.
Das Oszilloskop zeigt die Sinusform. Die Voltmeter zeigen im AC-Messbereich alle die korrekte Effektivspannung von 2,3V.
„True-RMS“-Multimeter können das auch für andere als sinusförmige Wechselspannungen.
Z.B. eine symmetrische Rechteckspannung, die zwischen +3,25 und -3,25V springt:
Unsere Voltmeter messen die Rechteckspannung alle korrekt mit 3,25V.
Zum Verständnis denken wir die untere Hälfte des Signals nach oben geklappt. Es entsteht eine durchgezogene Linie bei 3,25V wie bei einer echten Gleichspannung. Die Effektivspannung sind also die vollen 3,25V. Das ‚Hochklappen‘ ist OK, weil es für die Leistung z.B. einer Heizung egal ist, in welche Richtung der Strom fließt.
Aber auch „True-RMS“-Voltmeter kommen dann bei unsymmetrischen Signalen an ihre Grenzen, wie z.B. bei einer Spannung, die 75% der Zeit bei +3,25V liegt und 25% der Zeit bei -3,25V.
Hier stimmt nur noch die Anzeige des großen Voltmeters links unten. Die beiden andere Voltmeter zeigen einen abweichenden Wert und sind sich dabei auch nicht mehr einig.
Manchmal funktioniert es, ein unsymmetrisches Signal nacheinander im DC- und AC-Messbereich zu messen und die Effektivspannung dann auszurechnen als Ueff = √(UAC²+UDC²). Entweder steht das im Multimeterhandbuch, oder man muss Vergleichsmessungen anstellen.
Weit klarere Information liefert offensichtlich ein Oszilloskop.
Edit Peter_O 06.04.2021: An einigen Stellen habe ich die Erklärungen nochmal erweitert.
Super Bericht. Danke Dir vielmals!
Als Modellbahner hatte ich schon in den 80ern mit PWM-Schaltungen zu tun. Zig selbst geätzte Platinen für Fahrregler, Aufbau hauptsächlich mit NE555, z.T. als vollautomatische Blockstellen usw.. Das absolute Highlite war halt, dass die Loks superweich anfahren und stoppen konnten. Dazu noch ein Faulhaber Glockenanker-Motor – perfekt! Ach ja … seufz …
Danke für den sehr informativen Artikel!
bei der Fragestellung warum man die PWM Steuerung nutzt fehlt ein ganz wichtiger Punkt. Bei einem Lüfter der der evtl. 2W (kleine 60mm oft unter 1W) hat sind die 40% Verlust bei einer reinen Spannungsteuerung zu vernachlässigen, bei Lüftern nutzt man die PWM da sich die Lüfter so feiner ansprechen und am allerwichtigsten starten lassen. Grade langsame Drehzahlen und Startgeschwindigkeiten sind unterhalb einer Schwelle die für jeden Lüfter etwas anders liegt nur noch mittels PWM zu realisieren, so starten viele 12V Lüfter bei weit unter 5V gar nicht mehr.
Ja. Das liegt daran, dass in den bürstenlosen FAN-Motoren ein Chip eingebaut ist, der das Umpolen der Motorspulen übernimmt. Diese Chips benötigen eine minimale Betriebsspannung.
https://drucktipps3d.de/lueftermotoren/
Vielen Dank für diesen interessanten Beitrag Peter. Ich hatte tatsächlich auch mal probiert mit meinem Multimeter die Spannung am Fan-Ausgang zu messen. War dann auch über die angezeigten Werte total verwundert und hatte mich dann auch erstmal zu PWM belesen. Grade deine Erläuterungen zu der Frage „Was messen die Multimeter?“ war für mich sehr aufschlussreich.
LG